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Ab 2015 bekommen alle Schüler Österreichs die gleichen Aufgaben zur Matura.

Foto: dpa/Kleinschmidt

Im Juni 2012 wurde die Zentralmatura verschoben. Damals beschwerten sich Schüler, Eltern- und Lehrervertreter darüber, dass es zu wenig Material zur Vorbereitung für die Matura gebe. Jetzt, eineinhalb Jahre später, beginnt dieselbe Diskussion von Neuem. Am Freitag hat die Bundesschülervertretung mit Streik gedroht, wenn es nicht bald mehr Informationen und Änderungen gebe. Auch die Elternvertreter sind sauer. "Es wird immer noch experimentiert", sagt Theodor Saverschel vom Bundesverband der Elternvereine der mittleren und  höheren Schulen im Gespräch mit derStandard.at.

Derzeit gebe es etwa Probleme mit dem Bewertungsschlüssel in Mathematik und Deutsch. "In Deutsch werden jetzt Rechtschreibung und Grammatik nicht mehr als Bewertungskriterien herangezogen, damit tun sich vor allem die Lehrer schwer", so Saverschel. Er kritisiert, dass diese Kriterien erst jetzt für jene Schüler gelten, die in der siebten Klasse sitzen und 2015 bereits die neue Matura absolvieren müssen.

"Es ist ein Wahnsinn"

Dem Bundesinstitut für Bildungsforschung (Bifie) wirft Saverschel vor, im Elfenbeinturm zu sitzen und das letzte Jahr nicht dafür genützt zu haben, direkt an den Schulen mit Schülern und Lehrern zu sprechen. Dass Bifie-Direktor Martin Netzer jetzt eine Informationsoffensive verspricht, sei viel zu spät. "Es ist ein Wahnsinn, was sie aufführen."

Eckehard Quin, Chef der AHS-Lehrergewerkschaft, sieht bei der neuen Matura ein grundsätzliches Problem. Die Hürde zur Reifeprüfung werde damit für alle gleich, die Schulen hätten aber ganz unterschiedliche Niveaus. "Es wird Schulen geben, an denen es viele nicht schaffen und solche, an denen sich die meisten leicht tun", sagt er im Gespräch mit derStandard.at. 

Problem Mathematik

Bei der neuen Zentralmatura, die ab 2015 an den Allgemein Höheren Schulen (AHS) und ab 2016 an den berufsbildenden höheren Schulen (BHS) verpflichtend wird, werden die Aufgabenstellungen für die schriftliche Matura zentral vorgegeben. Die Schüler müssen zudem eine vorwissenschaftliche Arbeit schreiben. Probleme gibt es vor allem in Mathematik. In den ersten Schularbeiten, die nach dem neuen Bewertungsschlüssel beurteilt wurden, gab es laut den Schülervertretern viele "Nicht Genügend". Genaue Zahlen dazu liegen dem Bifie aber nicht vor. Laut derzeitigen Informationen gebe es das Problem nur in Wien im größeren Umfang, aus anderen Bundesländern seien nur einzelne Meldungen eingegangen.

Die Mathematik-Prüfung besteht künftig aus zwei Teilen: Teil eins behandelt Grundkompetenzen, Teil zwei vertiefendes Wissen in komplexeren Aufgaben. Teil eins besteht aus 18 bis 25 kurzen Aufgaben, die nach einem Beurteilungsraster nur entweder richtig oder falsch bewertet werden können.

Wie für die Schülervetreter sieht auch Lehrergewerkschafter Quin in dem Beurteilungsschlüssel für Mathematik ein Problem, weil der Teil der Grundkompetenzen in jedem Fall positiv abgeschlossen werden muss. So könnten Schüler mit gleicher Punktezahl ein "Nicht Genügend" oder ein "Gut" erreichen. "Das kann man Eltern und Schülern niemals kommunizieren."

Bifie-Direktor Netzer verspricht angesichts der Kritik, "Missverständnisse" bei der Benotung nach dem neuen System auszuräumen. Das Bifie will die Benotung der Schularbeiten nun gemeinsam mit dem Wiener Stadtschulrat analysieren. "Ich glaube nicht, dass es am System liegt", sagt Netzer. Mit den Schülern soll es Anfang der Woche ein Gespräch geben.

Schlechte Noten "ein Rätsel"

Dass vor allem Wien betroffen ist, ist für Netzer ein Rätsel. Die Feldtests und Probeklausuren hätten keine Hinweise geliefert, dass es grundlegende Defizite geben könnte. Sollten sich bei der Analyse der Schularbeiten-Ergebnisse Probleme an einzelnen Standorten zeigen, soll es direkt an den Schulen Fortbildungen für die Lehrer geben, kündigte Netzer an.

Eine Häufung von negativen Noten könnte aus Sicht des Bifie-Direktors entweder daran liegen, dass die Information nicht gut angekommen ist, wie eine Schularbeit nach Vorbild der Zentralmatura zu gestalten ist, oder an einer "zu ambitionierten Umsetzung" durch manche Lehrer. Netzer betont, dass es klare Richtlinien gebe, dass die Schularbeiten in Etappen auf das neue System umgestellt werden sollen. "Teilweise könnten Lehrer schon komplett umgestellt haben und die Schüler waren noch nicht ausreichend vorbereitet."

Insgesamt sieht Netzer die Schulen jedenfalls gut auf die Zentralmatura vorbereitet. "Sie wurde ja bereits einmal verschoben, das hat uns ausreichend Zeit gegeben."

Vorschlag: Teilzentrale Matura

Elternvertreter Saverschel und Gewerkschaft Quin sehen das anders. Sie schlagen beide vor, die Matura entweder erneut zu verschieben oder statt einer Zentralmatura eine teilzentrale Matura einzuführen. Der Teil der Grundkompetenzen der schriftlichen Matura soll dann zentral vorgegeben werden und jener, bei dem komplexere Aufgaben gestellt werden, von der Schule bzw. vom Lehrer. "Es ist schade, dass es derzeit nicht geplant ist, die Spezifika des Standorts nicht einzubeziehen", sagt Saverschel. Er glaubt, dass es für eine nötige Gesetzesänderung zur Zentralmatura eine Mehrheit gibt. (lai, derStandard.at/APA, 25.11.2013)