Wieder einmal beherrscht die Debatte um Zeitpunkt und Ausmaß der nächsten Steuerreform die heimische Politik. Dabei geraten Strukturreformen, Budgetkonsolidierung, Konjunkturbelebung und wahlpolitisches Kalkül ständig durcheinander.

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Frage: Was bringt eine Steuerreform?

Antwort: Eine Steuerreform bringt meist eine Entlastung der Steuerzahler durch eine Senkung der Tarife oder Abschaffung gewisser Steuern. Dies stärkt die Leistungskraft der Wirtschaft und ist politisch populär (vor allem vor Wahlen). Eine strukturelle Steuerreform kann aber auch aufkommensneutral sein und bloß dazu dienen, das Steuersystem effizienter oder gerechter zu machen.

Frage: Wie wird sie finanziert?

Antwort: Entweder durch ein höheres Budgetdefizit, eine entsprechende Streichung von Staatsausgaben oder das Anzapfen neuer Einnahmequellen. Eine Ausweitung der Neuverschuldung kann kurzfristig die Konjunktur ankurbeln, bringt aber ein Land in Konflikt mit dem EU-Stabilitätspakt, der ausgeglichene Budgets fordert und ein Maximaldefizit von drei Prozent des BIP zulässt. Wird die Steuersenkung durch niedrigere Ausgaben kompensiert, fehlt der Konjunktureffekt, und die Einsparungen erweisen sich oft als unpopulär. Kommen neue Abgaben wie höhere Energiesteuern, wird das Konzept der Steuerentlastung ändert sich nichts an der Abgabenquote.

Frage: Warum ist die Steuerreform politisch so umstritten?

Antwort: Weil sich die Regierung nicht zwischen den Zielen Budgetsanierung und Steuersenkung entscheiden kann. Die letzte Steuerreform im Jahr 2000 ließ das Budgetdefizit explodieren, das die Regierung Schüssel I durch ein heftiges Sparpaket (= Steuererhöhungen) 2001 wieder auf Null zurückführte. Für 2003 wurde dem Land eine Steuersenkung versprochen, doch dann brach die Konjunktur ein und stellte die Regierung vor die Wahl, entweder Steuern zu senken oder ein höheres Defizit in Kauf zu nehmen. Sie nahm das Hochwasser zum Anlass, die Reform zu verschieben, und handelte sich damit Koalitionsbruch und Neuwahlen ein. Im neuen Koalitionspakt wurde ein 2. Spalte kleiner Teil der Steuersenkung für 2004 in Form einer Steuerbefreiung für Jahreseinkommen unter 14.500 Euro, der größere Brocken (2,5 Milliarden Euro) plus Strukturreform erst für 2005 versprochen. 2004 sollen Steuern um 500 Millionen Euro sinken, dies wird aber zum aus Rücksicht aufs Budget Großteil durch neue Belastung wettgemacht.

Frage: Warum fordert die FPÖ eine Vorverlegung?

Antwort: Deutschland hat die für 2005 geplante Steuersenkung auf 2004 vorgezogen. Sie will damit die Konjunktur ankurbeln und nimmt dafür auch einen neuerlichen Verstoß gegen die Drei-Prozent-Defizitgrenze des Stabilitätspaktes in Kauf, was zu Milliardenstrafen der EU führen könnte. Auch Österreichs lahme Wirtschaft würde von einer kräftigen Steuersenkung profitieren, sagen SPÖ, Grüne und FPÖ. Die im internationalen Vergleich sehr hohe Abgabenquote spricht ebenfalls für eine rasche Senkung.

Frage: Warum ist die ÖVP dagegen?

Antwort: Weil sich nur eine Steuersenkung knapp vor den Wahlen positiv auf die Nationalratswahlen von 2006 niederschlagen würde, sagen die Kritiker. Weil eine Steuersenkung der Konjunktur nur wenig nützt, sagen viele Volkswirte: Die Bürger würden das zusätzliche Geld in der Tasche sparen oder für Importe ausgeben, die Mehrschulden würden dem Land aber bleiben. Dies müsste in Folge durch neue Sparpakete wieder abgetragen werden. Das Versprechen der ÖVP, sie werde keine Steuerreform auf Pump machen, ist allerdings nicht ganz ehrlich: 2005 würden die Steuerausfälle das Defizit wieder auf 1,5 Prozent hinauftreiben.

Frage: Ist ein Kompromiss möglich?

Antwort: Das Budget 2004 ist bereits beschlossen, könnte aber nachjustiert werden. Der FP-Vorschlag, mitten im Jahr die Steuertarife zu senken, wäre steuertechnisch sehr kompliziert. Einfacher wären erhöhte Absetzbeträge oder eine Senkung der Arbeitnehmerbeiträge zu den Lohnnebenkosten.(DER STANDARD, Printausgabe, 9./10.8.2003)