Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen nicht ausgeschlossen
Der serbische Vizeministerpräsident Zarko Korac schloss gegenüber Medien nicht aus, dass sich einige der abgelösten Offiziere bald auch mit Ermittlungen wegen Kriegsverbrechen auseinander setzen müssten. Manch einer der Offiziere Milosevics hatte in den 90er Jahren Kriegserfahrungen sowohl in Bosnien und Kroatien, wo das jugoslawische Militär nach offizieller Deutung des einstigen Belgrader Regimes nicht anwesend war, wie auch später im Kosovo gesammelt.
Nachdem Milosevic im Oktober 2000 sein Präsidentenamt verloren hatte, waren die serbischen Wahlsieger (DOS-Bündnis) gezwungen, auf der föderalen Ebene eine Regierungskoalition mit seinem montenegrinischen Bündnispartner, der Sozialistischen Volkspartei (SNP), einzugehen. Die SNP hatte mit Erfolg bis zur Umbildung des föderalen Staates Anfang dieses Jahres den Abbau von Milosevics Strukturen auf Bundesebene geblockt.
Vorwürfe gegen Kostunica
Andererseits war öffentlich immer wieder auch dem Amtsnachfolger Milosevics, Vojislav Kostunica, vorgeworfen worden, Personalwechsel beim Militär verhindert zu haben. Mit Segen von Kostunica war der Militärsicherheitsdienst gar dem General Aca Tomic überlassen worden, der als Beschützer angeklagter Kriegsverbrecher aus den Militärreihen, allem voran des einstigen bosnisch-serbischen Militärführers Ratko Mladic und des jugoslawischen Offizieres Veselin Sljivancanin, betrachtet wurde.
Der Spitzenpolitiker der Demokratischen Partei, Boris Tadic, der nach der Ermordung von Regierungschef Zoran Djindjic entgegen früheren Planungen das Amt des Verteidigungsministers Serbien-Montenegros übernehmen musste, bekundete die Entschlossenheit, die Reformprozesse beim Militär weiter voranzutreiben. Er hat dafür auch die volle Unterstützung der zivilen Militärführung, des Obersten Verteidigungsrates, bekommen, dessen Mitglieder die Präsidenten des Staatenbundes sowie der zwei Mitgliedstaaten, Serbiens und Montenegros, sind.
Über die Stimmung in den Militärreihen ist dagegen nur wenig bekannt. Der Belgrader Militäranalytiker und ehemalige Militärsprecher Ljubodrag Stojadinovic, meinte, Tadic habe sich mit seinen Generälen verkracht. Dem Minister werde im Militär vorgeworfen, Parteifreunde anstatt Experten als seine Berater engagiert zu haben. Auch die britischen Militärberater, die seit Anfang Juli im Verteidigungsminister tätig sind, wurden von den Offiziere des Staatenbundes keineswegs begeistert aufgenommen.
Aufenthaltsort von Mladic sorgt für Spannungen mit Den Haag
Eine der größten ungelösten Fragen, die nicht nur das Militär, sondern den ganzen Staat belastet, bezieht sich auf die sich weiterhin wiederholenden Behauptungen der Chefanklägerin des UNO-Tribunals Carla del Ponte, wonach sich General Mladic unter Schutz einzelner Offiziere des Staatenbundes weiterhin in Serbien verstecken soll. Stojadinovic schloss in der jüngsten Ausgabe der Wochenzeitschrift "Reporter" indes nicht die Möglichkeit aus, dass die Militärnachrichtendienste gerade in der Causa Mladic weiterhin ihre Berufssolidarität an den Tag legten. Aus diesem Grund seien die Informationen über den Ex-Generalstabchef der Serbischen Republik nicht einmal dem Verteidigungsminister zugänglich.
Beispiele für die Abriegelung des Militärs gegenüber der Außenwelt gibt es neuerdings mehrere. So wurde erst nach der Umbildung Jugoslawiens in den neuen Staatenbund Anfang des Jahres bekannt, dass sich einige einstige Mitkämpfer von Mladic, die in einer Militärkommission mit der Zusammenarbeit mit dem UNO-Kriegsverbrechertribunal beauftragt wurden, in der Tat mit der Verteidigung von Milosevic befassten. Die Militärkommission war danach aufgelöst worden.