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Ein dreijähriges HIV-infiziertes Mädchen

Foto: APA/EPA

Durban/Wien - Wissenschafter forderten Mittwoch beim Abschluss des Aidskongresses in Durban die Regierung Südafrikas auf, sofort Maßnahmen zur Aidsbehandlung zu treffen. "Die Botschaft lautet: nicht länger abwarten", mahnte Tagungsleiter und Aidsforscher Salim Abdool Karim.

Die Regierung müsse endlich ein nationales Therapieprogramm mit antiretroviralen Arzneien starten. Diese können zwar nicht heilen, unterdrücken aber die Vermehrung des Erregers im Organismus der Infizierten: Die Zeitspanne bis zum Ausbruch der Krankheit kann drastisch verlängert, ihr Fortschreiten verzögert werden. Die Folge: eine Lebensverlängerung.

Laut Schätzungen sterben in Südafrika täglich 600 Menschen an Aids, 4,7 Millionen sind mit HIV infiziert - die weltweit höchsten Zahlen. Werde das geforderte Programm nicht sofort gestartet, warnten Forscher, seien bald acht Millionen Menschen vom Aidstod bedroht - knapp 20 Prozent der Bevölkerung.

Standpunkt der Regierung: Viel wichtiger sei der Ausbau des gesamten Gesundheitswesens. Und: Die geforderten, aus dem Ausland zu importierenden Medikamente seien zu wenig getestet, zu kompliziert in der Anwendung und zu teuer. Dem widersprach das Management von "Aspen Pharmacare", Südafrikas größtem Hersteller von Generika: Es könne jederzeit die Produktion von Südafrikas ersten, eigenen Aidsarzneien starten.

Forscher kritisierten generell, dass es bei der Aidsbekämpfung in Südafrika nicht ums Geld gehe, sondern um politische Standpunkte: Die Regierung hatte nämlich just zum Auftakt der Konferenz gedroht, ein Aidsmedikament zu verbieten, das die Übertragung des HIV von der Mutter auf das Kind verhindern soll. Das Mittel wird Südafrika seit einem Jahr geliefert - gratis. Der deutsche Hersteller Boehringer Ingelheim habe 90 Tage Zeit, Wirksamkeit und Sicherheit zu beweisen - an bisher vorgelegten Studien zweifle die Gesundheitsbehörde.

Eine Firmensprecherin teilte dem STANDARD nun mit, den Behörden sei "bereits ein umfassender Report von publizierten und nicht publizierten Studien zur Verfügung gestellt" worden. Sollte die Arznei dennoch verboten werden, "so hat Boehringer wenigstens alles versucht, um das möglicherweise lebensrettende Medikament den Menschen zur Verfügung zu stellen, die es brauchen". Weltweit werden jährlich geschätzte 800.000 Babys mit HIV geboren. (fei/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. 8. 2003)