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Der Verhandlungssaal in Genf.

Foto: AP Photo/Keystone,Salvatore Di Nolfi

Grund zum Feiern ist es wahrlich keiner, aber der Iran und "die Atomverhandler" – zur Definition dieses Kollektivs später – begehen mittlerweile ihr Zehn-Jahr-Verhandlungsjubiläum. Das offizielle Gezerre um die damals noch in den Vorarbeiten befindliche iranische Urananreicherung, die von einer Oppositionsgruppe aufgedeckt worden war, begann Ende 2003: Damals einigte man sich auf Verhandlungen, die 2004 in die Gänge kamen. Aber der politischen und der historischen Korrektheit halber sollte man auch den Vorstoß Teherans im Mai 2003, mit den USA zu einem "Grand Bargain" zu kommen, zum ganzen Komplex zählen. Die Versuche liefen über einen früheren Schweizer Botschafter im Iran, Tim Guldiman. Es ging darin allerdings nicht nur um das iranische Atomprogramm, sondern diese Frage war eingebunden in einen größeren Rahmen von Abrüstung, regionaler Sicherheit, wirtschaftlicher Kooperation.  

Das detaillierte Hin und Her der vergangenen zehn Jahre, mit all den diversen Vorschlägen, ist gut auf einem Factsheet der Arms Control Association nachzulesen. Im November 2004 wähnte man sich einer Lösung nahe, als der Iran im "Paris Agreement" einer Suspendierung der Vorarbeiten zur Urananreicherung zustimmte. Damals war Mohammed Khatami Präsident, und der jetzige Präsident Hassan Rohani als Vorsitzender des Nationalen Sicherheitsrats war Chefunterhändler. Allerdings fallen in ihre Zeit auch Aktivitäten, die Geheimdienste später der Forschung an Waffenaspekten, also einem Atomwaffenprogramm, zuordneten.

2005 forderte der Iran von seinen Verhandlungspartnern unter anderem, ein Urananreicherungsprogramm auf nichtindustrieller Ebene betreiben zu dürfen. Das wurde abgelehnt – heute würde man das dem Iran mit großem Hallo konzedieren – und mit einem Gegenvorschlag der Verhandler beantwortet, der schon damals wegen seines maximalistischen Ansatzes kritisiert wurde: Der Iran sollte für die nächsten zehn Jahre auf alle Arbeiten am nuklearen Zyklus verzichten. Ein klassisches "No-Go". Daraufhin brachen die Verhandlungen erst einmal zusammen, der Iran setzte seine Arbeiten fort und begann mit der realen Anreicherung. Im August 2005 trat der Hardliner und Populist Mahmud Ahmadi-Nejad sein Amt als iranischer Präsident an.

Von E3 zu EU3 zu EU3+3

In diesen ersten Jahren liegt auch die Begründung, warum der Begriff P5+1, der sich medial für die Verhandlergruppe durchgesetzt hat, eigentlich eine historische und politische Schieflage hat: P5 bedeutet "permanent five", also die ständigen Sicherheitsratsmitglieder USA, Großbritannien, Frankreich, Russland und China, und +1, damit ist Deutschland gemeint. Aber es war so: Zu Beginn verhandelten auf der einen Seite die damals E3 genannten europäischen Staaten Großbritannien, Frankreich, Deutschland, nachdem sie sich auf eine einheitliche Position geeinigt hatten. Danach "holten sie die EU an Bord", wie es der Iranist Walter Posch von der Stiftung Wissenschaft und Politik in Berlin beschreibt. Damals waren die USA noch draußen, wenngleich die Politik mit ihnen koordiniert wurde.

Die E3/EU involvierten (auf dem Weg über die Internationale Atomenergiebehörde IAEA in Wien) dann den UNO-Sicherheitsrat, das heißt, zu den ständigen Sicherheitsratsmitgliedern Großbritannien und Frankreich der E3-Gruppe kamen auch noch die USA, Russland und China dazu. Die EU ist mit der Koordination zwischen den E3 und USA und mit den E3 mit den anderen EU-Ländern betraut und führt darüber hinaus auch die Verhandlungen – deshalb die Rolle der Lady Ashton, auch jetzt in Genf. Das ist die Geschichte. Da Deutschland ein völlig gleichberechtigter Partner von Frankreich und Großbritannien ist, trifft EU3+3 die Sachlage besser als P5+1, wo Deutschland quasi ein Anhängsel des kompletten Sicherheitsrats ist. Kompliziert, aber korrekt.

Noch ein paar Sätze zum weiteren Verlauf: Nach 2005 ging zunächst einmal gar nichts mehr, und in den Jahren darauf wurde der Motor der Sanktionen gegen den Iran im Sicherheitsrat und auf bilateraler Ebene von den USA und EU angeworfen. 2009 kam die nächste Chance, die zu ergreifen Ahmadi-Nejad gar nicht abgeneigt war. Damals hatten die EU3+3 ihre Forderungen schon den Realitäten angepasst: Zwar war noch immer das Ende der iranischen Urananreicherung das vorgebliche Ziel, aber wenn der Iran den Großteil seiner damaligen Bestände an niedrig angereichertem Uran aufgegeben hätte (d. h. außer Landes gegeben, um sie in Brennstoff umwandeln zu lassen), dann wäre man ins Geschäft gekommen. Es wurde nichts daraus. Danach begann der Iran, auf 19,75 Prozent anzureichern – und um den Stopp dieser Anreicherung geht es heute in erster Linie, oder umgekehrt, ohne diesen Stopp geht gar nichts. (Gudrun Harrer, derStandard.at, 22.11.2013)