Community Mesh Netzwerke bieten eine interessante Alternative zu kommerziellen ISPs.

Foto: WirelessBelgie

Wer zu Hause ins Internet geht, tut dies üblicherweise über einen kommerziellen Provider über einen monatlichen Vertrag. Alternativmodelle dazu sind nur wenigen Menschen bekannt, doch es gibt sie. Rund um die Welt haben sich zahlreiche Community-Netzwerke organisiert, deren Nutzer ein gemeinsames Intranet schaffen und darüber auch ins Internet einsteigen können. Zuletzt ist auch die New York Times auf das Phänomen aufmerksam geworden, schwindet doch in Zeiten der NSA-Bespitzelung und Vorratsdatenspeicherung das Vertrauen in kommerzielle Internetprovider.

In Portland gibt es etwa die Initiative Personal Telco, in Athen das Wireless Metropolitan Network, in Berlin operiert der Freifunk. In Belgien hat WirelessBelgie in Antwerpen begonnen, möchte nun aber das ganze Land erschließen. In Wien, Graz, Linz und einigen anderen Orten Österreichs verbindet das Projekt Funkfeuer seine Mitglieder über Dachantennen.

Belastbares Maschengeflecht

Bei Funkfeuer handelt es sich um ein sogenanntes Mesh-Netzwerk. Die Teilnehmer sind "maschenartig" untereinander vernetzt, jeder betreibt seinen eigenen Knoten. Diese Knoten sind freilich nicht nur reine Sende- und Empfangsstationen für ihren Besitzer, sondern dienen auch dazu, den Datenverkehr anderer Nutzer ans Ziel zu schleusen.

Dabei geht es, so erklärt der stellvertretende Funkfeuer-Obmann, Aaron Kaplan, dem Standard vor allem um Redundanz, die durch die dezentrale technische Struktur gewährleistet wird. Fallen einzelne Knoten aus, können alle anderen immer noch problemlos auf das Funkfeuer-Netz und darüber wiederum auf das Internet zugreifen.

Den Vorteil des belastbareren Aufbaus erkennt man am Beispiel des "Red Hook Wireless Networks". Als in einer New Yorker Nachbarschaft aufgrund von Schäden durch Hurricane "Sandy" die Dienste der kommerziellen Provider nicht mehr verfügbar waren, versorgte das Community-Netzwerk die Anrainer mit Zugang zum Internet.

Mehr Sicherheit durch Dezentralisierung

Auch in politischer Hinsicht bergen solche Netze Relevanz. Sie ermöglichen beispielsweise Aktivisten in Ländern mit repressiven Behörden freie Kommunikation untereinander. Auch die Überwachung einzelner Nutzer ist aufgrund des Aufbaus schwieriger, völlig immun gegen die Methoden von NSA und Co. ist man freilich aber auch in einem solchen Netzwerk nich. "Wenn ein Geheimdienst ein solches Netz überwachen will, dann schafft er das derzeit auch", meint dazu Kaplan.

Freilich besteht theoretisch auch die Gefahr, dass ein Knotenbetreiber den Datenverkehr seiner Mitnutzer ausschnüffelt. Dagegen schützt man sich durch die Nutzung verschlüsselter VPN-Verbindungen. Jeder Teilnehmer muss zudem eine Vereinbarung akzeptieren, die die Beeinträchtigung und Manipulation des Traffics anderer dezidiert untersagt.

Surfen ohne Vorratsdatenspeicherung

Interessant ist das Projekt aber auch aus einem anderen Grund. Da der Verein Funkfeuer nicht registrierungspflichtig bei der Telekom-Aufsichtsbehörde RTR ist, entfällt die Pflicht zur Teilnahme an der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung.

Diese schreibt Providern mit einem Jahresumsatz ab 380.000 Euro vor, die Verbindungsdaten ihrer Nutzer – wann jemand wie lange ins Internet eingestiegen ist – ein halbes Jahr lang im Nachhinein zu speichern. Wer ausschließlich über Freifunk ins Web geht, entkommt dem in Wien und Graz, wo Funkfeuer direkt an Internet-Uplinks hängt und praktisch selbst wie ein Provider agiert.

Intranetdienste

Viele Communitynetzwerke bieten ihren Mitgliedern auch Intranetdienste. Funkfeuer-Teilnehmer können sich untereinander etwa über VoIP verständigen. Im Athener AWMN, das sich mittlerweile auch auf das Umland der griechischen Hauptstadt und benachbarte Inseln erstreckt, stehen unter anderem ein soziales Netzwerk und eine eigene Suchmaschine zur Verfügung.

200 Dächer

Die Teilnahme an Funkfeuer, das nach wie vor ein experimentelles Unterfangen ist, gestaltet sich relativ einfach. Sofern am Dach Funkkontakt zu einem Knoten besteht, kann über eine Antenne und einen einen Router die Einbindung ins Netzwerk erfolgen. Das Equipment wird einmalig vom Teilnehmer finanziert, der auch für die Wartung seines Knotens zuständig ist. Aktuell sind rund 200 Dächer in Wien Teil des Gemeinschafts-Netzes. (Georg Pichler, derStandard.at, 20.11.2013)