Das Horten von Uhren und Schmuck ist eine Leidenschaft, die aber auch viel Arbeit macht. Wohin mit der umfangreichen Sammlung? Welche Modelle kaufe ich eigentlich? Und was davon trage ich auch im Alltag? Fünf heimische Sammler geben Einblick in ihre Philosophie.

Susanne Widl: "Das Dezente liegt mir nicht"

In den Sechzigerjahren bin ich nach New York gezogen, dort habe ich meine Begeisterung für Art déco entdeckt. Die Brillanten von Harry Winston konnte ich mir damals natürlich nicht leisten, also habe ich Kopien gesammelt. Ich finde noch immer, Schmuck muss nicht zwangsläufig teuer sein. Er sollte nur eigenwillig sein. Schmuck ist doch etwas sehr Persönliches, er ist wie eine zweite Haut. Mein Vorbild sind die prächtigen geschmückten Frauen der Renaissance. Das Dezente liegt mir nicht, ich mag auffälligen Schmuck und wechsle täglich.

Der Blick aufs Dekolleté

Ich habe Sommer- und Winterschmuck. Die Leichtigkeit der Farben dominiert im Sommer, im Winter trage ich mehr schwarze Kleidung, dazu passen Brillanten und Gold, die warmen Farben. Schmuck ist ohnehin die beste Kleidung der Frau. Eine gut angezogene Frau sollte sich schmücken, das gehört einfach dazu. Schmuck erhöht ja auch vorhandene Eigenschaften, eine Halskette lenkt den Blick auf das schöne Dekolleté.

Ich kaufe auf Flohmärkten, in kleinen Parfümerien, manchmal auch von Modedesignern. Online shoppe ich nie, ich muss den Schmuck sehen und angreifen. Man muss schon Zeit investieren, um Frisur, Kleidung, Nagellack, Uhr und Schmuck aufeinander abzustimmen. Es ist aufwändig, aber es freut mich selber und die anderen doch auch. Die Wienerin liebt den dezenten, kleinen Schmuck, der aus echtem Gold ist und eine Wertanlage darstellt. Ich habe gar keinen Anlageschmuck in diesem Sinn, das ist mir nicht wichtig. Man sollte Freude daran haben, Schmuck zu tragen. Manche holen all ihre Reichtümer und Orden nur einmal im Jahr für einen Ball heraus. Was für eine Verschwendung!

Susanne Widl, 1948 in Wien geboren, ist Betreiberin des Wiener Innenstadt-Cafés Korb. Sie spielte in experimentellen Filmen von Valie Export und Peter Weibel mit.

Foto: Christoph Pirnbacher

Hubertus Hohenlohe "Klein und herzig steht mir nicht"

Mein Vater führte in Marbella, Spanien, ein Fünf-Sterne-Hotel, da gab es immer tollen Schmuck zu sehen. Er bekam auch manchmal Gastgeschenke, ich erinnere mich noch an eine goldene Uhr vom König von Saudi-Arabien. Als Kind fand ich das kurios, habe später aber meinen eigenen Stil entwickelt: Mir gefallen Uhren aus den 1970er-Jahren am besten, dieser klobige Stil passt gut zu mir. Ich bin von allem angetan, was gewagt und verrückt aussieht. In den Siebzigern haben die Leute in Sachen Design wirklich etwas riskiert, und es war nicht so spielerisch wie ein Jahrzehnt zuvor, alles hatte eine strenge, harte, aber doch coole Form.

Männeruhren für die Freundin

Trotz Sammlerleidenschaft habe ich aber dann doch aufgehört, Uhren regelmäßig zu erstehen. Man verwendet ohnehin nur wenige Modelle. Im Moment kaufe ich meiner Freundin gerne Männeruhren, die ich dann selber trage. Italienische Frauen lieben diese großen, klobigen Uhren, was ich sehr cool finde. Durch die Zusammenarbeit mit Jaeger-LeCoultre, für die ich zwei Reverso-Unikate hergestellt habe, bin ich auf zeitgenössische Chronografen aufmerksam geworden. Wobei die Reverso für mich fast zu elegant ist, aber ich habe versucht, einen Twist im Design hinzubekommen. Für mich muss eine Uhr vor allem praktisch sein, ich reise viel, da rückt die Liebhaberei etwas in den Hintergrund.

Meine Uhren lagern an den verschiedensten Orten von Spanien über Italien bis Liechtenstein. Vor rund 15 Jahren habe ich begonnen, mehr Geld für Möbel und das Renovieren von Häusern auszugeben als für das Sammeln von Uhren. Mein Geschmack hat sich aber nicht wesentlich verändert, Uhren, die ich mag, müssen relativ groß sein. Alles, was klein und herzig ist, steht mir nicht: Mein Handgelenk ist nicht schmal, und mein Körperbau ist nicht zierlich. Eine kleine Uhr verschwindet, aber vielleicht ist das auch nur ein subjektives Gefühl. Ich finde es aber übertrieben, die Kleidung auf die Uhr abzustimmen. Ein hochwertiger Zeitmesser passt doch überall dazu.

Hubertus von Hohenlohe, 1959 in Mexiko-Stadt geboren, ist Fotograf, Sänger und Skirennläufer. Er wohnt in Spanien, Liechtenstein und Wien.

Foto: Christoph Pirnbacher

Peter Pilz: "Ich sammle systematisch"

Ich sammle ausschließlich amerikanische Armbanduhren von den 1920er- bis zu den 1960er-Jahren. Schwerpunkte sind Modelle der Marken Hamilton, Elgin und Illinois. Eigentlich hatte ich Uhren immer für langweilig gehalten, bis ich zufällig in einem Wiener Geschäft ein paar amerikanische Modelle entdeckte. Die waren verwegen im Design, in ihrer Zeit unglaublich modern und noch heute überraschend originell. Mittlerweile besitze ich mehr als 500 Uhren. Die wenigsten davon habe ich in Wien gefunden, hier gibt es keinen Markt dafür.

Die paar Uhren, die es gab, habe ich schon vor rund 15 Jahren aufgekauft. Ich bekomme das meiste über Ebay und von amerikanischen Händlern. Als ich vor Jahren in Washington war, landete ich zufällig in einem pakistanischen Ramschgeschäft, da lagen 30 alte US-Uhren, zum Teil extrem schön. Ich habe sie dem Händler um 200 Dollar abgekauft, der war glücklich und ich auch. Aber so etwas passiert selten. Auf Flohmärkten findet man bei uns schon lange nichts mehr.

Fotografieren & Kontrollieren

Ich bin systematisch im Sammeln und Archivieren. Ich fotografiere jede Uhr, überprüfe die Werknummer und die Gehäusenummer, kontrolliere, ob alle Daten zusammenpassen. Da helfen internationale Datenbanken. Es sind nämlich auch viele Fälschungen im Umlauf. Der Großteil meiner Sammlung ist nicht bei mir zu Hause. Einige sind inzwischen sehr wertvoll. Das war gar nicht mein Plan, ich habe sie einfach aus Begeisterung gesammelt, weil ich sie schön finde, aber die Wertsteigerung war gewaltig. Ich habe Uhren, von denen es weltweit nur 20, 30 Stück gibt.

Austausch mit anderen Sammlern suche ich keinen, das ist eine private Geschichte, die ich seit 20 Jahren betreibe. Mir macht das Sammeln riesigen Spaß, bin aber nicht sicher, ob ich ewig Uhren horten möchte. Vielleicht verkaufe ich einmal alle meine Uhren. Aber nur die gesamte Sammlung. Schließlich war es viel Arbeit, alles zusammenzutragen. Mögliche Interessenten müssen ein Uhrenleumundszeugnis mitbringen und garantieren, die Sammlung nicht aufzulösen.

Peter Pilz, 1954 in Kapfenberg geboren, ist Politiker (Die Grünen) und Autor.

Foto: Christoph Pirnbacher

Sabine Haag: "Ich bevorzuge Gold"

Schon als junges Mädchen hat mich Schmuck begeistert. Später, als ich im Kunsthistorischen Museum zu arbeiten begann, habe ich mich intensiver mit dem Thema auseinandergesetzt. In der Kunst- und Schatzkammer liegen Meisterwerke der Goldschmiedekunst mit wertvollen Steinen. Das sind natürlich Ausstellungsexponate, die man nicht ausleihen kann. Sammlerin bin ich ohnehin keine. Ich liebe es, täglich Schmuck zu tragen, passend zu meiner Stimmung, zur Kleidung und zum Anlass. Außer im Urlaub. Ich mag zwar Modeschmuck, aber nur privat. Generell bevorzuge ich Gold - kein Silber, Weißgold oder Platin. Und ich habe ein Faible für Edelsteine wie Amethyst oder Turmalin. Seriell Hergestelltes interessiert mich weniger. Nur mein Ehering ist ganz klassisch und unauffällig, der Rest ist sehr gekonnt verarbeitet.

Traditionen pflegen

Schmuck kann die Persönlichkeit unterstreichen und heben. Man darf sich jetzt aber nicht vorstellen, dass ich in meinem Büro eine Schublade mit Schmuck habe, um für Abendtermine ausgerüstet zu sein. Natürlich unterscheidet sich der Tagesschmuck von dem, was ich am Abend trage, dann kommen gelegentlich Ohrgehänge zum Einsatz, die ich im Alltag übertrieben fände. Ich plane immer schon am Morgen, schaue in meinen Terminkalender und entscheide dann, was ich anziehe, welchen Schmuck ich anlege.

 Auffälliger Schmuck in Kombination mit auffälliger Kleidung ist ein absolutes No-go. Es lässt weder das eine noch das andere zur Geltung kommen. Ein schlichtes Kleid kann durch aufwändigeren Schmuck nur gewinnen. Aber bei extravaganter Kleidung ist in Sachen Schmuck Zurückhaltung angebracht. Was ich nicht besonders gut kann: mich von Schmuckstücken trennen. Natürlich habe ich auch Schmuckstücke, die im Moment nicht sonderlich modisch wirken. Aber vielleicht werde ich diese Schätze ja in einigen Jahren wiederentdecken. Das einzige Schmuckstück, das ich jemals verschenkt habe, ist das Matura-Geschenk meiner Eltern: ein kleiner Brillantring, den ich dann meinem Patenkind zur Matura vermacht habe. Ich finde, es ist eine schöne Tradition, Schmuck in der Familie weiterzugeben.

Sabine Haag, 1962 in Bregenz geboren, ist seit 2009 Generaldirektorin des Kunsthistorischen Museums in Wien.

Foto: Christoph Pirnbacher

Rudi Klein: "Mir geht es um Formschönheit"

Nein, ich bin kein Uhrensammler. Ich sammle nicht, ich raffe an mich. Es gibt keine Vollständigkeiten, ich kaufe einfach gern schöne Dinge, und dazu gehören unter anderem auch mechanische Armbanduhren.

Bis zu meinem 40. Lebensjahr trug ich keine Uhren. An meinem Handgelenk wurde jede Uhr schon in kürzester Zeit kaputt. Das war wohl auch ein Zeichen dafür, dass Zeit für mich einfach nicht wichtig war. Ich hatte dann lange einen billigen batteriebetriebenen Zeitmesser, bis mich jemand fragte, ob ich denn auch das Original davon kennen würde. Das hat mich schließlich neugierig gemacht, ich fand heraus, dass es sich um eine Longines aus dem Jahr 1928 handelt, eine ganz zarte Herrenuhr.

Lieber zart als protzig

Damals konnten Männer schmale Uhren tragen. Anscheinend waren sie in sexuellen Angelegenheiten viel selbstsicherer. Heute müssen Männeruhren groß und protzig sein. Ich vermute, dass die Größe der Uhr und die Größe des Geschlechtsteils diametral entgegengesetzt sind. Es ist ohnehin interessant: Uhren sind der einzige erlaubte Männerschmuck in einer streng heterosexuellen Gesellschaft.

Ich jedenfalls finde die zarten Modelle der 1950er und 1960er-Jahre viel schöner als die modernen Rolex-Wiederholungen. Also uniformierte Langeweile zum Quadrat. Mir ist es auch egal, ob eine Uhr noch in 2000 Metern wasserdicht ist, das überlasse ich den Red-Bull-Trinkern. Mir geht es um Formschönheit, an der ich mich erfreuen kann. Ich kaufe deshalb hauptsächlich amerikanische Uhren, weil die im Regelfall spannender sind.

Wenn alte amerikanische Filme im Fernsehen laufen, dann schaue ich immer, welche Zeitmesser die Schauspieler tragen (und außerdem in welch edlen Karossen sie ihre schönen Körper parken). Viele dieser US-Uhren sind inzwischen extrem selten und teuer. Insofern ist es sicher eine bessere Investition, auf Uhren zu setzen als auf Aktien. Die erwähnte Longines von 1928 tickt inzwischen übrigens im Original auf meinem zarten Handgelenk. (Karin Cerny, DER STANDARD, 13.11.2013)

Rudi Klein, 1951 in Wien geboren, veröffentlicht unter seinen Pseudonymen Ivan Klein und Ruud Klein Cartoons in Zeitungen wie "Der Standard", "Profil" und "Die Zeit".

Foto: Christoph Pirnbacher