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In Afrika will man sich Solar-Energie zunutze machen.

Foto: reuters/anzuoni

Accra/Wien - Während diese und kommende Woche bei der Weltklimakonferenz in Moskau über Erderwärmung und die drohende Klimakatastrophe beraten wird, leben weltweit noch immer 1,3 Milliarden Menschen ohne Elektrizität, ein Gutteil davon in Subsahara-Afrika. Dabei scheint die Lösung so einfach: Energie durch Sonne. Denn auf dem Schwarzen Kontinent ist die Sonneneinstrahlung dreimal so hoch wie in Österreich. Immer mehr Entwicklungshilfeprojekte, darunter zahlreiche österreichische, zielen deshalb auf diesen nachhaltigen Energiesektor ab. Und auch die Vereinten Nationen haben die Jahre von 2014 bis 2024 zur "Dekade der nachhaltigen Energie für alle" erklärt.

Im Rahmen seiner Energy Globe Foundation fördert der Oberösterreicher Wolfgang Neumann seit kurzem Photovoltaik in Ghana. Bereits zwei Dörfer, die nicht am Stromnetz angeschlossen sind, verfügen dank der Organisation über Solarpanele. Nachhaltigkeit liegt Neumann besonders am Herz - mit dem "Energy Globe Award" prämiert die Stiftung jährlich die besten Projekte mit Fokus auf Energieeffizienz, Ressourcenschonung und den Einsatz erneuerbarer Energien. Und das seit 1999.

Vermittlung von Know-How

Auch die Austrian Development Agency (ADA), die Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit (EZA), fördert Projekte im Bereich Solarenergie. Bei dem Projekt namens "Soltrain" wird im südlichen Afrika Know-How über die Technologie vermittelt. Neben der Wissensvermittlung geht es dabei um die Veranschaulichung des Potenzials von Solarenergie, in einer zweiten Phase aber auch um die praktische Nutzung der Solarwärmeanlagen (Solarthermie). Zudem fördert die ADA das Regionalzentrum für erneuerbare Energie und Energieeffizienz (ECREEE) mit Sitz in Kap Verde mit insgesamt 3,8 Millionen Euro. "Durch das ECREEE unterstützen wir die westafrikanischen Länder beim Aus- und Aufbau von Rahmenbedingungen für die Nutzung erneuerbarer Energien. Wir sehen das als eine Institution zur Selbsthilfe", erklärt Alexander Karner, Energieexperte der ADA, im Gespräch mit der APA.

Auch die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) glaubt an die Zukunft von Solarenergie in Afrika. Gerade vor dem Hintergrund der kürzlich veröffentlichten Einspeisevergütung und der geplanten Strompreiserhöhung, sind wir davon überzeugt, dass Photovoltaik "großes Potenzial" hat, erklärt GIZ-Mitarbeiterin Elisabeth Gager am Beispiel von Ghana.

Solar oder Photovoltaik

Grundsätzlich lässt sich im Bereich Solarenergie zwischen thermischen Solar- und Photovoltaik-Anlagen unterscheiden. Während bei Solarthermie mittels einfacher Kollektoren Sonnenlicht für Wärmeaufbereitung nutzbar gemacht wird, wandeln die etwas komplexeren Solarzellen bei Photovoltaik-Anlagen Sonnenlicht direkt in Strom um. Bei der Entscheidung für eine der beiden Möglichkeiten, gibt es "kein entweder oder", sagt der Energiebeauftragte des Landes Oberösterreich, Gerhard Dell, auf APA-Anfrage. Beides sei grundsätzlich sinnvoll.

Sowohl Solarthermie als auch Photovoltaik bieten Vorteile. Zwar sind die Anschaffungskosten für die Kollektoren bzw. Solarzellen höher als für die in Entwicklungsländern oft verwendeten Petroleumlampen. Diese haben sich aber nach nur kurzer Zeit amortisiert. Auf die Lebensdauer gerechnet kostet beispielsweise ein Solarpanel für die Stromversorgung einer durchschnittlichen Familie in Ghana knapp über einen Euro pro Monat, erklärt Neumann. Für Petroleumlampen hingegen werden drei Euro pro Monat ausgegeben. Zudem werden Gesundheitsrisiken durch die beim Kochen auf offenen Feuerstellen entstehenden giftigen Dämpfe vermindert.

Die ADA bevorzugt in vielen ihrer Projekte Solarthermie gegenüber Photovoltaik, weil "gerade für Menschen in Entwicklungsländer die Anschaffungskosten (von Photovoltaik, Anm.) oft viel zu hoch sind", so Karner. Darüber hinaus seien die Anlagen teils wartungsintensiv und Ersatzteile vor Ort Mangelware. "Das macht es daher nicht gerade leicht, Photovoltaik-Projekt in Entwicklungsländern erfolgreich und nachhaltig umzusetzen", gibt er zu bedenken.

Recycling

Dem widerspricht Neumann von der Energy Globe Foundation: "Unsere Panele sind sehr leicht zu handhaben. Einmal montiert, muss man nur von Zeit zu Zeit den Staub von der Anlage wischen", betont er. Und nach einigen Jahren müsse die Batterie getauscht werden. Um eine nachhaltige Entsorgung zu garantieren, arbeitet die Stiftung derzeit an einem Pfandtausch-System.

Bisher wird die Frage des Recyclings von ausgedienten Anlagen in Entwicklungsprojekten eher stiefmütterlich behandelt. "Erst jetzt gibt es erste Überlegungen, wie man die Bestandteile einer solchen Anlage recycelt", erklärt ein deutscher Experte der APA. Seiner Ansicht nach müssen in einem ersten Schritt Sammelzentren aufgebaut und in der Folge die Produzenten zur Rücknahme verpflichtet werden.

Das Risiko eines nicht ordnungsgemäßen Recycling in Afrika scheint derzeit noch groß. Von den 50 Millionen Tonnen Elektroschrott, die weltweit jedes Jahr entstehen, werden zwei Drittel in Entwicklungsländer exportiert - um die teure Entsorgung im Ursprungsland zu umgehen. Agbogbloshie, ein Slum mitten in Ghanas Hauptstadt Accra ist erschreckendes Zeugnis dieser skrupellosen Praxis. Wo sich vor wenigen Jahren eine grüne Lagune befand, türmen sich nun ausrangierte Elektrogeräte aus dem Westen, die giftige Stoffe wie Blei und Cadmium enthalten.

Wertvoller Rohstoff

Photovoltaik-Anlagen sollten grundsätzlich "ordentlich recycelt werden, das darin enthaltene Material (Silizium, Anm.) ist ein wertvoller Rohstoff", so Dell. "Um die Alt-Module optimal aufzubereiten, ist allerdings flächendeckendes Recycling-System notwendig", so der Oberösterreicher. Die allermeisten Solarthermie-Kollektoren enthielten keine Problemstoffe - Glas, Absorber, Rahmen etc. seien einfach zu recycelnde bzw. zu entsorgende Materialien.

Die von Solar-Kritikern oft geäußerten Bedenken, die Herstellung von Photovoltaik-Anlagen verursache zu hohe CO2-Emissionen kann Harry Wirth vom Fraunhofer Institut nicht nachvollziehen. Eine heute hergestellte Solaranlage erzeuge während ihrer typischen Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren "mindestens zehnmal mehr Energie als zu ihrer Herstellung benötigt wird", versichert der Photovoltaik-Experte auf APA-Nachfrage. Durch energieoptimierte Herstellungsverfahren werde sich dieser Wert künftig noch verbessern.

Nach Ansicht des ADA-Experten Karner hat Österreich beim Thema erneuerbare Energien großes Know-How. "Da haben wir einen weltweiten Vorsprung. Wir sind hier ein Best-practice-Beispiel, wo sich andere Länder gerne etwas abschauen."

"Energetischer Marshall-Plan"

Ähnlich sieht das Neumann, der sich seit über 30 Jahren mit Energieeffizienz beschäftigt. Für Afrika schwebt ihm das Modell eines "energetischen Marshall-Planes" vor. "Das heißt, dass die Leute anfangs das System kostenlos bekommen und sie dann in der Folge monatlich einen gewissen Betrag zahlen müssen - etwa einen Euro pro Monat -, der in eine Dorfkassa einfließt. Davon gibt es dann gewisse Rückzahlungen, es erfolgt aber auch die Finanzierung von neuen Systemen, wie beispielsweise ein Kühlhaus oder Außenbeleuchtung für die Dörfer", schildert er. So könne die Wirtschaft wachsen. "Ohne Energie gibt es kein Wirtschaftswachstum, ohne Wirtschaftswachstum gibt es auch keine Zukunft", lautet sein Credo.

Auch Karner sieht in nachhaltiger Energieversorgung das Schlüsselelement für Entwicklung. Die Versorgung zu ermöglichen, ist eigentlich einfach. "Die Kraft schickt uns ja schon der Himmel", fasst Neumann zusammen. "Wir müssen uns nun global die Hände reichen und zusammenhelfen, um jedem Menschen das Grundrecht auf Energie zu garantieren. Wenn wir das nicht tun, werden sich Hunderttausende auf die Wanderung begeben in reichere Länder." Und dieses Problem sei viel schwerer lösbar. (APA, 12.11.2013)