Vertragsreigen um die Schubhaft Vordernberg: Betreiber ist das Innenministerium, Auftraggeber die Gemeinde - und im Anhaltezentrum wird die Securityfirma G4S das Zepter schwingen.

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Vordernberg/Wien - Der Auftrag der Sicherheitsfirma G4S in der neuen Vordernberger Schubhaft sei für Österreich "höchstwahrscheinlich zukunftsweisend", heißt es aus der Volksanwaltschaft. Denn sollte sich das Modell, Securitys bei der Häftlingsbetreuung einzusetzen, in der Steiermark bewähren, sei anzunehmen, dass in weiteren Anhaltezentren bald ähnliche Auslagerungspläne gewälzt würden: so wie derzeit in anderen Bereichen auch, etwa in manchen Psychiatrien.

Daher komme dem Vorgehen der Volksanwaltschaft im Fall Vordernberg besondere Wichtigkeit zu. Die dortigen Kontrollen würden "Pilotcharakter" haben: vor allem das am Montag von Günther Kräuter, Gertrude Brinek und Peter Fichtenbauer beschlossene gemeinsame Prüfverfahren der beiden - zwischen Innenministerium und Gemeinde Vordernberg sowie zwischen der Gemeinde Vordernberg und der Sicherheitsfirma G4S - fixierten Verträge.

"Es wird sich um eine verfassungsrechtliche Prüfung handeln, die ermitteln soll, was von derlei Privaten-Beauftragung mit Zwischenschaltung von Gemeinden im Bereich hoheitlicher Aufgaben zu halten ist", erläuterte Volksanwalt Kräuter nach der Sitzung. Auch werde man begutachten, ob die Kontroll- und Durchgriffsrechte des Landes Steiermark der Gemeinde gegenüber, die wiederum G4S beauftragt hat, ausreichend seien - und ob die Gemeinde genug Eingriffsmöglichkeiten im Fall von Problemen mit G4S habe.

Unangekündigte Besuche

"Und natürlich werden ab Inbetriebnahme des Zentrums im Jänner auch die Volksanwaltschaftskontrollkommissionen tätig werden", sagte Kräuter. Im Rahmen unangekündigter Besuche würden sie die Praxis in der teilprivatisiert betriebenen Schubhaft in Augenschein nehmen.

Genau diese ist auch dem Verfassungsrechtsexperten Bernd-Christian Funk ein Anliegen: "Problematisch ist, wenn die Dinge im laufenden Schubhaftbetrieb verschwimmen", meint er im Standard-Gespräch. Zwar spreche verfassungsrechtlich nichts dagegen, Tätigkeiten, die nicht zwingend hoheitlich auszuüben sind, an private Betreuer zu delegieren: "Aber hier kann sich meines Erachtens schnell eine Routine einschleichen, im Rahmen derer Private de facto hoheitliche Aufgaben übernehmen."

Strikte Aufgabentrennung

Im Innenministerium weist man ein solches Risiko genauso vehement zurück wie die Gerüchte von bereits bestehenden Auslagerungs-Ausweitungsplänen in andere Anhaltezentren. Die Aufgabentrennung zwischen Polizei und Securitys in Vordernberg werde strikt sein, betont ein Sprecher - aber nicht ohne anzufügen, dass er natürlich nicht im Namen der Gemeinde Vordernberg sprechen könne, die G4S beauftragt habe.

Auch werde es "klarerweise eine polizeiliche Leitung" des neuen Schubhaftzentrums geben: offenbar parallel zu jener, die - laut dem inzwischen veröffentlichten Vertrag zwischen Vordernberg und G4S - die Securityfirma selbst einrichten wird.

Vielschichtige Kompetenzstruktur

Überhaupt komme ihr die Kompetenzstruktur im neuen Anhaltezentrum höchst vielschichtig vor, meint dazu Grünen-Integrationssprecherin Alev Korun. Die Frage sei, was das zum Beispiel für das Management von Zwischenfällen bedeute.

Tatsächlich erscheinen die Wege von derlei Berichten höchst bürokratisch: Bei "besonderen Vorfällen" ist laut Vertrag zwischen Ministerium und Gemeinde etwa erst die Dienststellenleitung zu informieren - sowie, nach Abfassung eines Ergebnisprotokolls, die Betreuungseinrichtungsleitung. (Irene Brickner, DER STANDARD, 12.11.2013)