Drei von vier Wiener Zinshäusern gehören Privatpersonen.

Foto: Otto & Brichard GsbR

Bis vor kurzem konnte man noch von einem "Boom" am Wiener Zinshausmarkt sprechen. Mittlerweile müsse man aber die Häuser, die zum Verkauf stehen, "mit der Lupe suchen", sagte Eugen Otto, Geschäftsführer von Otto Immobilien, bei der Präsentation des bereits fünften "Wiener Zinshausmarktberichts" seines Unternehmens.

Von einem "deutlichen Rückgang" an Transaktionen im ersten Halbjahr berichtete demgemäß der Leiter der Abteilung Wohnimmobilien und Zinshäuser bei Otto, Richard Buxbaum: Nur 118 Transaktionen gab es im ersten Halbjahr, das Volumen erreichte 199 Millionen Euro. Auch wenn im Immobilien-Business das meiste Geschäft traditionellerweise im Herbst gemacht wird, so scheinen die Volumina der vergangenen Jahre - 800 Millionen bis zu einer Milliarde; 2009 wurde mit 1,047 Mrd. diese Schwelle sogar übertroffen - doch in weiter Ferne: Buxbaum rechnet für heuer insgesamt mit kaum 500 Millionen Euro.

Renditen im Sinkflug

Schuld daran ist das Zusammenspiel aus steigenden Preisen und sinkenden Renditen, das mittlerweile dafür gesorgt hat, dass institutionelle Investoren lieber die Finger vom Wiener Zinshaus lassen. Wo man 2009 noch mit 7,6 Prozent Rendite rechnen konnte, sind mittlerweile höchstens sechs Prozent zu erzielen. Die geringsten Renditen machten 2009 noch zumindest zwei Prozent aus, heute nur noch 1,4 Prozent. Die Durchschnitts-Rendite lag 2009 bei 4,69 Prozent, aktuell beträgt sie nur noch 4,01 Prozent.

Die Preise zogen insbesondere im untersten Segment stark an: Bekam man 2009 abseits der Top-Lagen noch Objekte für 300 Euro pro Quadratmeter, so liegen die absoluten Mindestpreise nun bei mehr als dem Doppelten, nämlich bei 660 Euro. Im Top-Segment fiel der Anstieg weniger dramatisch aus, hier ging es von 5.000 Euro auf 5.510 Euro je Quadratmeter nach oben, also um etwas mehr als zehn Prozent. Im Schnitt wurden noch 2009 genau 1.243 Euro pro Quadratmeter bezahlt, 2013 waren es schon 1.700 Euro - also um ein gutes Drittel mehr.

Trotz der hohen Preise gäbe es andererseits kaum vernünftige Motive, sich von einem Zinshaus zu trennen, so Buxbaum. Gerade erst wurde das Zinsniveau von der EZB neuerlich gesenkt, was Alternativen unattraktiver macht. "Und auch gekauft wird heute kaum noch ein Zinshaus wegen der Rendite - sondern wegen der 'drei S: Sicherheit, Stabilität, Stolz'." Etwas Rückenwind für den Markt erwartet sich der Zinshausexperte immerhin von der neuen Wiener Bauordnung. Diese wird - wie kürzlich berichtet - dafür sorgen, dass Entwickler leichter Dachgeschoßausbauten durchführen können.

Jedes elfte Haus

Denn vermehrbar sind die Wiener Gründerzeit-Zinshäuser (nach der Otto-Definition: Baujahr zwischen 1848 und 1918, geschlossene Bauweise, im Stil des Historismus mit dekorativen Stilelementen, keine Sondernutzung, kein Wohneigentum) natürlich auch nicht. Der Gesamtbestand sinkt naturgemäß durch Abbruch und durch sogenannte "Parifizierung", also durch Schaffung von Wohneigentum, seit der ersten Ausgabe des "Zinshausmarktberichts" immerhin aber in geringerem Ausmaß als damals angenommen: 15.529 Häuser wurden im Herbst 2009 gezählt, aktuell sind es 14.946. Bei einem Gesamtbestand von 168.167 Gebäuden in Wien ist damit grob betrachtet jedes elfte Wiener Haus ein Gründerzeit-Zinshaus.

Und wem diese 14.946 Wiener Zinshäuser gehören, hat Ottos Team auch erhoben: Demnach stehen 74 Prozent in Besitz von Privatpersonen, was Otto "beruhigend" findet. 18 Prozent gehören Unternehmen, acht Prozent haben "sonstige Besitzer": Privatstiftungen, Religionsgemeinschaften, Vereine, Kammern, Genossenschaften, Parteien, Stadt Wien etc. (Martin Putschögl, derStandard.at, 11.11.2013)