Bild nicht mehr verfügbar.

Der Weltmarktführer im privaten Sicherheitsgeschäft hat 16 turbulente Monate hinter sich.

Foto: EPA/PONTUS LUNDAHL SWEDEN OUT

Der von mehreren Skandalen gebeutelte Sicherheitsanbieter G4S will kleinere Einheiten des mehr als 620.000 Angestellte in 125 Staaten umfassenden Konzerns abstoßen, an der Kernstrategie aber festhalten. Diese sei "stichhaltig, robust und gesund", sagte Vorstandschef Ashley Almanza einen Tag nachdem die Londoner Betrugsbehörde SFO ein offizielles Ermittlungsverfahren gegen das Unternehmen eingeleitet hatte. In Österreich, wo 3000 Menschen für G4S arbeiten, ist die Firma derzeit wegen der Beteiligung am neuen Schubhaftzentrum Vordernberg in Diskussion.

Der Weltmarktführer im privaten Sicherheitsgeschäft (Jahresumsatz 2012: 8,6 Milliarden Euro) hat 16 turbulente Monate hinter sich. Zunächst konnte die Firma ihren Vertrag zur Sicherung von Olympia 2012 in London nicht erfüllen, die britische Armee musste aushelfen. Dem katastrophalen Rufschaden folgte im Frühjahr eine Gewinnwarnung, in deren Folge der langjährige Chief Executive Nick Buckles vom Hof gejagt wurde. Im Juli bezichtigte ein Geschworenengericht in London drei G4S-Mitarbeiter der "rechtswidrigen Tötung" eines angolanischen Abschiebehäftlings. Im vergangenen Monat erlitt das Unternehmen eine Demütigung durch die südafrikanische Regierung: Weil G4S "praktisch die Kontrolle verloren" habe, steht das private Mangaung-Gefängnis wieder unter staatlicher Kontrolle.

Der Ärger mit dem britischen Staat könnte den in Crawley nahe des Flughafens London-Gatwick beheimateten Konzern teuer zu stehen kommen. Wie berichtet, hatte Justizminister Chris Grayling bereits im Sommer Betrugsverdacht gegen G4S sowie die Konkurrenzfirma Serco erhoben. Die Antibetrugsbehörde hat jetzt ein offizielles Verfahren eröffnet, es gilt die Unschuldsvermutung.

Verdächtige Rechnungen

Konkret geht es um Rechnungen in zweistelliger Millionenhöhe für die Aufsicht von Freigängern, die in Wirklichkeit längst wieder in Haft gelandet oder gestorben waren, das Land verlassen oder nie elektronische Fußfesseln getragen hatten. Die Betrugsvorwürfe reichen zehn Jahre zurück, das Verfahren der auf schwere Betrugsfälle spezialisierten SFO dürfte sich Monate hinziehen.

Bereits seit drei Jahren belastet der Fall Jimmy Mubenga das Image der Firma. Nachdem sich der 46-jährige Angolaner verzweifelt gegen seine Abschiebung gewehrt hatte, drückten ihn seine drei G4S-Begleiter so lange in den Sitz einer British-Airways-Maschine, bis er tot war. Nach dem Urteil des gerichtlichen Todesermittlungsverfahrens musste die Staatsanwaltschaft ihre zwischenzeitlich eingestellten Verfahren gegen die Privatsheriffs wieder aufrollen. Die Mitarbeiter hätten "angemessen gehandelt", heißt es bei G4S.

In seiner Präsentation für Aktionäre lastete Vorstandschef Almanza am Dienstag die Skandale dem Management unter seinem Vorgänger an. Die frühere Unternehmensführung habe "nicht immer unsere Werte im Auge behalten", sondern zu sehr auf kurzfristigen Gewinn abgezielt. (Sebastian Borger aus London, DER STANDARD, 7.11.2013)