Der schlägt nicht völlig aus der Reihe, aber mit 265 PS und ohne Dach darf man schon ein bisschen ein wilder Hund sein, auch als Golf. Das R Cabrio kann und kostet. Ein bisschen ungehörig, aber immer mit korrektem Scheitel

Der schaut ja aus wie ein braves und wohlerzogenes Auto, eines, das Manieren hat und sich zu benehmen weiß. Golf, also solide Familie, fast ein bisschen bieder, sehr korrekt und deutsch halt. Ordentlich, gründlich, solide. Gute Werte, gute Gene, keine Frage. Aber ein bisschen wohnt auch das Wildschwein in ihm, und das will raus, das will wild und Schwein sein, das will ein bisschen dreckig röhren und grunzen, das will in den Schweinsgalopp, das braucht Auslauf, braucht die Geraden und die Kurven.

Foto: Christian Fischer

Nicht dass der Golf R jetzt durch den Vorgarten pflügen, ungehörig rülpsen oder unter dem Carport Öl lassen würde. Nein, die guten Manieren behält er. Aber ein bisschen spielen, ein bisschen auf Halbstarker machen, ein bisschen Lederjacke und Nieten, das ist allemal drin, und wenn der BMW vor uns glaubt, ihm gehört die Welt, dann kann man ihm schon dezent zeigen, wo der Barthel den Most holt und wo der Golf R aus 265 PS doch ein bisschen Kraft, Beschleunigung und Selbstvertrauen schöpft, und gar so schlecht liegen tut er auch nicht, also kann man mit ein wenig sportlichem Elan, mit ein wenig Engagement und ehrzieherischem Ehrgeiz eine schnelle Linie auf die Straße legen. Das kann ja nicht jeder, und dass man es dem Golf so gar nicht ansieht, tja, das ist deutsches Understatement, keine Eigenschaft, die man sonst bei den Tugenden der lieben Nachbarn im Spitzenfeld anführen würde.

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Und ja: Cabrio. Das ergibt durchaus Sinn, und es waren gerade die letzten schönen, ganz sonnigen Tage, aber sie kommen wieder, nächstes Jahr, ganz bestimmt. Die Windgeschwindigkeit geht bis 250 km/h, wer den Orkan braucht, aber auch im unteren Bereich lassen sich Turbulenzen entfesseln. Wer Haare hat oder gar so etwas wie eine Frisur - die lässt sich auch mit 130 km/h ordentlich zersausen.

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6,4 Sekunden von null auf Hundert, das ist in dieser Klasse ein ordentlicher Beschleunigungswert, für den man sich nicht zu genieren braucht. Prinzipiell stellt sich die Frage, warum ein Cabrio so schnell sein muss, wer steht denn schon auf Sturmfrisuren? Auf der anderen Seite muss man sagen, dass allein die Möglichkeit, man könnte, wenn man wollte, schon mehr Befriedigung darstellt, als die praktische Ausführung des Unterfanges selbst.

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Ein bisschen irritierend ist vielleicht, dass das neue Golf R Cabrio die Spitze der Golf-VI-Reihe markiert, während längst die Golf-VII-Reihe am Markt ist und selbst der R aus dieser Generation schon präsentiert wurde. Feinspitze warten also schon auf das R-Cabrio aus der VII-Reihe, das dann noch stärker und schneller sein wird, aber der Frisur wird das auch nicht helfen.

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Ein bisschen ein Dämpfer ist der Preis, knapp 50.000 markiert beim Golf schon das oberste Ende der Fahnenstange, unser Testwagen kam mit unverzichtbaren Extras wie Navigation oder den "Scheibenwaschdüsen vorn, automatisch beheizt" locker auf 56.219 Euro und zwölf Cent. (Michael Völker, DER STANDARD, 31.10.2013)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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