Es ist die Zeit der Trennungen, und wie selten werfen sie in diesen Tagen ihre tragischen Schatten über das Land. Erst trennt sich Monika Lindner von der niederösterreichischen ÖVP, deren vertrautes Gesicht sie ist, dann trennt sie sich vom Team Stronach, die Kinderkrebsforschung trennt sich wiederum von ihr, in Kärnten trennt sich ein gewisser Schalli ebenfalls vom Team Stronach, der SPÖ-Klub trennt sich von Josef Cap, Spindelegger von Fekter, und um das Maß noch lange nicht vollzumachen, trennt sich auch noch Tobias Natter vom Leopold-Museum, dessen Auftrennung die Israelitische Kultusgemeinde fordert. Doch wo so viele untreu werden, gibt es in diesem Lande eine politische Ecke, in der Treue ungebrochen bleibt, dort nämlich, wo es um freiheitliche Treue zu Nazikriegsverbrechern und Massenmördern geht.

"Ungebrochen bis zum Schluß", soll heißen als unverbesserlicher Nazi, "starb er im 101. Lebensjahr in Rom", wusste das freiheitliche Blatt "Zur Zeit" diese Woche vom Tod Erich Priebkes zu melden. Für den Nachrufer ging es da nicht um einen Kriegsverbrecher, für den war Priebke "der letzte Kriegsgefangene", eine Verharmlosung, die durch den restlichen Text tadellos gedeckt ist. "Sein einziges 'Verbrechen' war, daß er an einer Geiselerschießung beteiligt war, die nach der damals gültigen Haager Landkriegsordnung völkerrechtlich gedeckt war."

Wenn Freiheitlichen die Liebe zum Völkerrecht einschießt, ist es um historische Wahrheiten schlecht bestellt."Im besetzten Rom verübte eine Gruppe der Partisanengruppe 'Resistenza' am 23. März 1944 ein Attentat auf deutsche Soldaten des SS-Polizeiregiments 'Bozen' in der Via Rasella. Eine ferngezündete Bombe tötete 33 Soldaten sowie zwei unbeteiligte italienische Passanten." Widerstand gegen eine verbrecherische Besatzung und besonders die SS - das ist einfach unmoralisch und geht natürlich gar nicht. Da galt es, für Ordnung zu sorgen. "Die deutsche Armeeführung in Italien beschloß als damals legale Repressionsmaßnahme, für jeden getöteten Deutschen 10 Geiseln zu erschießen."

Dass der Massenmord an Unschuldigen in "Zur Zeit" zwar legalisiert, aber immerhin als "Repressionsmaßnahme" bezeichnet wird, darf aber nicht als moralische Aufweichung gestandener Freiheitlicher interpretiert werden. Es gibt ja auch noch das freiheitliche Monatsmagazin "Die Aula", wo unter dem Titel "Tod eines Täters" Marcel Reich-Ranicki mit Erich Priebke auf eine Stufe gestellt wird. Liegt ja nahe, und nur zur Klarheit: Als "Täter" entlarvt "Die Aula" mit derselben historischen Präzision, mit der sie Priebke als Opfer heroisiert, den Literaturkritiker. Aber nicht etwa wegen seiner literarischen Verrisse.

"Der weltweit bekannte Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki starb am 18. September 2013 im Alter von 93 Jahren in Frankfurt am Main. Während Marceli Reich (sic!) als Leiter der "Operativen Abteilung" der polnischen Geheimpolizei UB in Kattowitz/OS 1945 in einem Lager, in dem Deutsche interniert waren und umkamen, wirkte und unbehelligt blieb, mußte Erich Priebke als 100jähriger in Unfreiheit sterben." Es gibt keine Gerechtigkeit!

Denn so sind sie eben, die Juden. "Durch geschickte Selbstinszenierung gelingt MRR innerhalb kürzester Zeit der erstaunliche Aufstieg zur führenden Figur des deutschen Literaturbetriebs. Er leitet die Fernsehrunde "Literarisches Quartett", die eine so breite Zuschauergunst erwerben konnte, daß ein jüdischer Literaturkritiker weitaus bekannter, weitaus geachteter, weitaus gefragter mit seinen Meinungen wurde als jeder lebende deutsche Schriftsteller." Und das zur selben Zeit, in der ein Erich Priebke in "Hausarrest" schmachtete - so "nannten die Italiener euphemistisch", aber treffend, "die Haft für den längsten Kriegsgefangenen der Neuzeit", dessen "einziges 'Verbrechen'" korrekt, wie die Deutschen damals waren, ohnehin von der "damals gültigen Haager Landkriegsordnung völkerrechtlich gedeckt war". Ohne einen Blick in die "Haager Landkriegsordnung" hätte kein SS-Angehöriger, wie historisch bewiesen ist, je einen Finger krummgemacht.

Und dann kommt auch noch einer und preist MRR! "Er, den die Deutschen einst aus ihrer Mitte vertrieben haben und vernichten wollten, besaß die Größe, ihnen nach der Barbarei neue Zugänge zu ihrer Kultur zu eröffnen" , gab Staatsoberhaupt Jockel Gauck laut". Wer die Treue zum deutschen Wesen à la FPÖ so mit Füßen tritt, verdient es, zum "Jockel" gemacht zu werden. Freunde einer rot-blauen Koalition werden es zu schätzen wissen. (Günter Traxler, DER STANDARD, 2./3.11.2013)