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Khieu Samphan (links) und Nuon Chea wollen von den Verbrechen der Rote Khmer nichts gewusst haben.

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Phnom Penh - Vor dem Völkermordtribunal im Kambodscha haben die beiden überlebenden Drahtzieher des brutalen Rote-Khmer-Regimes der 1970er-Jahre ihre Unschuld beteuert. Zum Abschluss des fast zweijährigen Prozesses sagten Nuon Chea (87) und Khieu Samphan (82) am Donnerstag, sie hätten nichts von den Gräueltaten der unteren Chargen gewusst.

Nuon war stellvertretender Regimechef und Khieu Staatschef. 1,7 Millionen Menschen kamen nach Schätzungen in den vier Jahren ihrer Schreckensherrschaft um. Trotzdem verlangten die beiden einen Freispruch. Das Urteil wird erst im kommenden Jahr erwartet.

"Ich wollte nur Frieden und Wohlstand"

Nuon Chea, mit wenigen Zähnen im Mund und eingefallen in einem viel zu großen Anzug, zeigte sich dennoch kampfbereit. Er versteckte sein Gesicht nicht wie sonst hinter einer großen Sonnenbrille. "Ich hatte keine Ahnung, dass Verbrechen begangen wurden", sagte er. Und: "Ich liebe mein Volk, ich hatte keinen Grund, Völkermord zu begehen." Khieu Samphan meinte: "Ich wollte nur Frieden und Wohlstand für Kambodscha." Beide sind unter anderem wegen Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt. Ihnen droht lebenslange Haft.

Im Gerichts bei Phnom Penh saßen hunderte Zuschauer, darunter Überlebende und Studenten. Viele waren bei Machtübernahme der Roten Khmer 1975 noch nicht geboren. Außer bei der Verkündung des Urteils könnte es das letzte Mal sein, dass sie die Angeklagten erleben.

Spielball der Großmächte

Nachdem die Vietnamesen die Roten Khmer 1979 vertrieben, wurde Kambodscha vom Bürgerkrieg erschüttert und zum Spielball der großen Mächte im Kalten Krieg. Dann zögerte die Regierung, bis heute geführt von dem Ex-Roten Khmer Hun Sen, das Gericht lange hinaus. Bisher hat das Tribunal nur "Genosse Duch", den Vorsteher des Foltergefängnisses S-21, zu lebenslanger Haft verurteilt.

Nuon Chea beteuerte, die Roten Khmer hätten eine egalitäre Gesellschaft gründen und Korruption ausmerzen wollen. Sie stürzten aber Hunderttausende ins Elend, weil sie die Städte zwangsräumten und jeden zu Zwangsarbeit verdammten, der mit einer Brille oder einem Buch erwischt wurde. Sie hätten das Land vor Invasion schützen wollen, sagte er.

Vorwürfe gegen die USA

Im Kampf gegen die Kommunisten in Vietnam nahmen US-Truppen in den 1970er-Jahren auch deren Rückzugsgebiet in Kambodscha ins Visier. "Die USA haben Dörfer, Reisfelder und Pagoden bombardiert", sagte Nuon Chea. "Ist das kein Völkermord?"

Nuon Chea rang sich noch eine indirekte Reue-Aussage ab. "Ich möchte den Opfern für das, was sie erleben mussten, mein tiefstes Bedauern ausdrücken und moralisch die Verantwortung übernehmen."

Ursprünglich waren die vier überlebenden Drahtzieher des Regimes angeklagt, auch Ex-Außenminister Ieng Sary und Ex-Sozialministerin Ieng Thirith. Ieng Sary starb im März, und das Verfahren gegen seine Frau wurde wegen fortschreitender Demenz ausgesetzt. (APA, 31.10.2013)