Foto:

Sofia/Istanbul - Bevor der Grenzzaun steht, macht der Exfernsehdirektor den Bulgaren noch einmal richtig Angst: "2014 kommen 200.000 Syrer nach Bulgarien", prophezeite Nidal Algafari am Mittwoch im bulgarischen Morgenfernsehen.

Algafari, Sohn bulgarisch-syrischer Eltern und deshalb offenbar Experte für den syrischen Bürgerkrieg, leitete eine Zeitlang den öffentlichen Sender BNT. Seine Warnung ist Wasser auf die Mühlen der Rechtsextremen in Bulgarien und dürfte die Furcht in der Öffentlichkeit vor einer syrischen "Invasion" nur weiter ankurbeln. Das kleine Balkanland ist bereits mit seinen knapp 8000 syrischen Flüchtlingen überfordert.

60 bis 170 Menschen überqueren pro Nacht derzeit illegal die Grenze von der Türkei ins EU-Land Bulgarien - die Mehrheit von ihnen syrische Flüchtlinge. Eine ähnliche Zahlengröße hat 2010 zum Zusammenbruch des Asylsystems im Nachbarland Griechenland geführt. Illegale Einwanderer wurden über Wochen und Monate unter unmenschlichen Bedingungen in viel zu kleinen Lagerhallen und in Haftzellen örtlicher Polizeiwachen gehalten.

Der Einsatz der europäischen Grenzschutztruppe Frontex und der Bau eines zwölf Kilometer langen Zauns an der griechisch-türkischen Grenze haben den Flüchtlingsstrom aus Südasien und Afrika eingedämmt, aber nicht stoppen können.

Einen solchen Zaun errichtet nun auch die bulgarische Armee, um die syrischen Flüchtlinge abzuhalten. 30 Kilometer unwegsames, schwer zu überwachendes Gelände im Strandscha-Gebirge, vom Grenzübergang Lesowo bis zum Dorf Krainowo, sollen mit einem drei Meter hohen Zaun abgesperrt werden. Die Arbeiten haben bereits begonnen und sollen - so gibt das Verteidigungsministerium zumindest an - bis nächsten Februar abgeschlossen sein.

In den Flüchtlingsunterkünften in den bulgarischen Kleinstädten entlang der Grenze und in der Hauptstadt Sofia fehlt es derweil am Nötigsten: Essen, Kleidung, ausreichend Toiletten und Duschen, wie Nikolai Tschirpanliew, der Chef der Flüchtlingsbehörde, seit Wochen schon klagt.

Die EU-Kommissarin für humanitäre Hilfe, die Bulgarin Kristalina Georgiewa, hat mittlerweile die EU-Mitgliedsländer zu Spenden aufgerufen. Die Slowakei, Ungarn, Slowenien und Österreich haben geantwortet. Aus Wien kommen Decken, Feldbetten, Matratzen und Wasserkanister. Bulgariens innenpolitische Krise kompliziert nur das Management des Flüchtlingsproblems. Der Staatschef wirft der Regierung Versagen vor. (Markus Bernath, DER STANDARD, 31.10.2013)