Stadtplaner Lampugnani zeigt sein urbanes Ideal: kompakt und alles fußläufig.

Foto: Hannes Huber

Die Bilanz der letzten zwei Jahrzehnte moderner Stadtentwicklung weltweit könnte kaum schlechter ausfallen: "Diese Städte sind in einer alternden Gesellschaft mit wahrscheinlich geringerer Privatmobilität nicht zukunftsfähig", prognostiziert der Mailänder Architekt, Städteplaner und Professor an der Technischen Hochschule Zürich Vittorio Lampugnani. "Was machen wir mit den suburbanen Räumen, mit diesen Zwischenstädten", fasste Lampugnani die zentrale Frage aktueller wie zukünftiger Stadtplanung im Rahmen einer von der Universität Salzburg veranstalteten "Salzburger Vorlesung" im Gespräch mit Ö1-Journalist Michael Kerbler und Standard-Chefredakteurin Alexandra Föderl-Schmid kurz zusammen.

Suburbane Siedlungsstrukturen "zu teuer"

Die suburbanen Siedlungsstrukturen seien schlicht "zu teuer", sagt Lampugnani, der mit seinem Buch "Die Stadt im 20. Jahrhundert" international bekannt geworden ist. Die Vorstädte seien "energetisch zu teuer", da sie das Dreifache an Energie verbrauchten im Vergleich zu einer "kompakten Stadt". Auch "unmittelbar finanziell" könne man sich diese suburbanen Siedlungen nicht mehr leisten. Die Pflege von Kanalisation, Straßen und Leitungen wäre auf Dauer nicht mehr zu machen. Da müsse im "politischen Handeln ein Paradigmenwechsel stattfinden", fordert Lampugnani.

In einigen Bereichen sei ein derartiger Paradigmenwechsel - wenn auch zögerlich und oft zu spät - merkbar. In der Schweiz etwa würde die Reform des Raumplanungsgesetzes darauf hinauslaufen, dass kaum noch Bauland gewidmet werde. Auch die Zweitwohnungen würden "relativ radikal" eingeschränkt.

Sozialer Wohnbau gestrichen

Lampugnani plädiert in diesem Zusammenhang für ein Umlenken der Fördermittel in die Innenstädte, damit sich die Menschen dort Wohnungen und Häuser leisten können. Die meisten Menschen würden ja deshalb aus der Innenstadt wegziehen, weil sie sich dort den Wohnraum nicht leisten könnten.

Problematisch sei auch, dass der soziale Wohnbau "an den Rand der politischen Interessen geraten ist", kritisiert Lampugnani, der selbst beispielsweise das Forschungszentrum für den Novartis-Campus im Schweizer Basel entworfen hat. In Berlin etwa gebe es überhaupt keinen sozialen Wohnbau mehr, dort wurde er "bewusst gestrichen". Wobei es für ihn nicht darum gehe, mehr noch billigere - damit "schäbigere" - Wohnungen zu bauen, sondern die Gelder so zu investieren, dass auch eine kleine Stadtwohnung leistbar bleibe.

Städte für die Fußgeher

Als "ideale Stadt" bezeichnet Lampugnani jene, "in der wir wirklich nur zu Fuß gehen brauchen." Dass dieses Ideal eines kompakten Stadtzentrums angesichts der Größe und der Anzahl der Einwohner nicht umsetzbar ist, räumt er freilich ein. Trotzdem sieht er die "kompakte, verdichtete Stadt" als das Zukunftsmodell.

Neben der Kompaktheit benötige eine Stadt auch genügend "ansprechende öffentliche Räume". Solche Räume könnten die Plätze und Gassen in Salzburg ebenso sein, wie die Boulevards in Paris. Bei der Stadtplanung sei daher wichtig, zuerst die öffentlichen Räume mit ihren Strukturen zu planen und erst dann die Häuser "drum herum". "Im Gespräch" mit Vittorio M. Lampugnani, Michael Kerbler und Alexandra Föderl-Schmid. Die Aufzeichnung wird am Donnerstag, 21 Uhr, auf Ö1 gesendet. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 31.10.2013)