"Die Donau-Universität Krems muss marktorientiert agieren."

Foto: Standard/Urban

"Das Ziel sollte sein, ein eigenständiges Wissenschaftsministerium zu erhalten."

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"Es ist uns im Ministerium nicht geglückt ist, die Öffentlichkeit zu überzeugen, mehr in Bildung und Forschung zu investieren. In den letzten Jahren sind wir immer zu Ergebnissen gekommen, es gab jedoch nie eine Aufbruchstimmung."

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Der neue Rektor der Donau-Universität Krems, Friedrich Faulhammer, will die Hochschule zu einer "Volluniversität" mit Bachelorstudium ausbauen. Am Donnerstag wird Faulhammer in Krems inauguriert. Im Interview mit der Standard.at verteidigt er das umstrittene Promotionsrecht für die Weiterbildungsuniversität. Die Uni werde aufzeigen, "in welchen Bereichen wir schon Forschungskompetenz haben". Der ehemalige Generalsekretär des Wissenschaftsministeriums kritisiert die fehlenden Mittel für die Universitäten: "In den letzten Jahren sind wir immer zu Ergebnissen gekommen, es gab jedoch nie eine Aufbruchstimmung." Auch für die eigene Uni wünscht er sich mehr Geld: "Es wird notwendig sein, dass wir auch mehr öffentliche Mittel bekommen, um nicht so stark abhängig zu sein von den Studiengebühren." Von den Verhandlern für eine neue Regierung wünscht er sich ein eigenständiges Wissenschaftsministerium. 

derStandard.at: Sie haben jahrelang mit den Rektoren die Budgets und Leistungsvereinbarungen mitverhandelt. Jetzt sind Sie Rektor. Sehen Sie etwas anders?

Faulhammer: Die Perspektive ist eine andere, weil ich die Einrichtung vertrete, die Budgets mit dem Ministerium verhandeln muss. Im Ministerium hatte ich mit Rektoren und mit Politikern zu tun. In Krems ist das jetzt ähnlich. Ich habe weiterhin mit Wissenschaftern und der Politik zu tun.

derStandard.at: Das Uni-System leidet unter gewissen Finanzproblemen. Sie saßen an einflussreicher Stelle, was ist Ihnen in dieser Zeit nicht geglückt?

Faulhammer: Es ist uns im Ministerium nicht geglückt, die Öffentlichkeit zu überzeugen, mehr in Bildung und Forschung zu investieren. In den letzten Jahren sind wir immer zu Ergebnissen gekommen, es gab jedoch nie eine Aufbruchstimmung.

derStandard.at: Die Studiengebühren sind ein Dauerthema. Ist der Schwerpunkt zu stark darauf gesetzt worden?

Faulhammer: Wenn man es mit den Ergebnissen vergleicht, dann ist zu viel Zeit und Energie investiert worden. Die Studiengebührendebatte wurde seit dem Jahr 2000 wieder aufgerollt. Seitdem hat sich nicht viel bewegt, außer der Erkenntnis: Die einen wollen sie und die anderen nicht. Dieses Thema sollte künftig mit mehr empirischer Grundlage und mehr Hochschulforschung angegangen werden, bevor man eine politische Diskussion beginnt.

derStandard.at: Ihre Inauguration findet am 31. Oktober statt. Was ist das wichtigste Ziel in den nächsten fünf Jahren?

Faulhammer: Das wichtigste Ziel ist, die Donau-Universität Krems in ihrer Position als Weiterbildungsuniversität zu stärken. Dafür ist es entscheidend, dass der öffentliche Finanzierungsanteil gesteigert wird. Denn derzeit erwirtschaften wir 80 Prozent unseres Budgets durch Studiengebühren. Der andere Teil kommt von Forschungsaufträgen, vom Land Niederösterreich und vom Bund. Die Leistungsvereinbarungsverhandlungen mit dem Ministerium spielen daher auch nicht so eine große Rolle für uns. Gleichzeitig erzeugt es einen enormen Druck auf die Lehrenden und das gesamte Personal, ebendiese Einnahmen auch zu erwirtschaften.

derStandard.at: Das Uni-Budget ist knapp. Wie wollen Sie die Forderung nach mehr Geld begründen?

Faulhammer: Wir haben mit der Universitätswerdung den Auftrag bekommen, verstärkt im Bereich Forschung und in Professuren zu investieren. Es wird notwendig sein, dass wir auch mehr öffentliche Mittel bekommen, um nicht so stark abhängig zu sein von den Studiengebühren. Ein Mittel dafür ist auch das PhD-Programm, das wird eine ganz wichtige Rolle in den nächsten Jahren spielen.

derStandard.at: Sie wollen auch Bachelor-Studien anbieten. Sollen diese auch durch öffentliche Gelder finanziert werden?

Faulhammer: Prinzipiell sind wir mit unserem Finanzierungsmodell zufrieden, das würde auch für den Bachelorbereich gelten. Man weiß auf diese Weise, dass man auf die Wünsche der Studierenden, das sind bei uns Kundinnen und Kunden, eingehen muss. Wir müssen nahe am Markt sein und schauen, wo die Bedürfnisse und die Nachfrage aus den Unternehmen liegen. Die Donau-Universität Krems ist die einzige öffentliche europäische Universität für Weiterbildung, das soll sie auch bleiben. Sie sollte aber zu einer Volluniversität für Weiterbildung werden. Dazu braucht es neben PhD- auch Bachelor-Programme.

derStandard.at: Derzeit können Sie nur Studiengebühren einheben, weil Sie außerordentliche Studiengänge anbieten.

Faulhammer: Ja, aber Sie können auch außeruniversitäre Studien als Bachelorstudien anbieten, wenn Sie die gesetzliche Ermächtigung dazu haben. Wir dürfen derzeit nur Universitätslehrgänge anbieten, bei diesen darf nur ein Master oder gar kein Grad vergeben werden. Wenn es uns gelingt, die Lücke zu schließen, dann können wir dafür Gebühren einheben. Dafür braucht es eine Gesetzesänderung.

derStandard.at: Sollen Bachelorprogramme auch berufsbegleitend sein?

Faulhammer: Die Zielgruppe sind nicht 18-jährige Maturanten. Die Idee ist, dass Menschen, die aus dem Beruf kommen, die Möglichkeit bekommen, in einem Bachelorprogramm Qualifikationen zu erhalten. Auch jetzt haben wir ein Durchschnittsalter von 40 Jahren bei unseren Studierenden.

derStandard.at: Von den anderen Universitäten gab es viel Kritik an den Plänen zu einem Promotionsrecht an der Donau-Universität. Die Rektoren fürchten um den Ruf des Doktoratsstudiums. Was entgegnen Sie?

Faulhammer: Wir werden im November die Möglichkeit haben, vor der Hochschulkonferenz unser Anliegen vorzustellen und die Befürchtungen zu zerstreuen. Wenn wir aufzeigen, in welchen Bereichen wir schon Forschungskompetenz haben, ist der Vorwurf entkräftet. Der Gesetzesentwurf geht auf die Kritik ein. Ein Akkreditierungsverfahren einer anerkannten Agentur ist vorgeschaltet, nur dann wird es die Möglichkeit befristet geben. So stellen wir uns mehr Kontrolle als die anderen Universitäten.

derStandard.at: Haben Sie eine Studienrichtung im Kopf, wo Sie Doktoratsstudien anbieten wollen?

Faulhammer: Wir haben durch ein Gutachten von Experten prüfen lassen, ob und inwieweit die Donau-Universität Krems Doktoratsprogramme anbieten kann. Vor allem in der Fakultät für Gesundheit und Medizin haben wir schon das Potenzial, belegt durch Professuren und Forschungsaktivitäten. Auch an den anderen beiden Fakultäten gibt es Ansätze dafür.

derStandard.at: Wie erklären Sie sich die Kritik der anderen Universitäten am Promotionsrecht?

Faulhammer: Die Kritik ist durch den Eindruck entstanden, dass die Donau-Universität Krems kurzfristig noch schnell vor Ende der Legislaturperiode das Promotionsrecht bekommen soll. Nur: So plötzlich war das nicht. Das stand schon im Regierungsprogramm aus dem Jahr 2008.

derStandard.at: Die Kritik rührt auch daher, dass die Weiterbildungsuniversität sehr viele Studierende hat, die kein Grundstudium absolviert haben. Es gibt wenige, die eine wissenschaftliche Karriere machen wollen und dann auch ein Doktorat. An wen wollen Sie sich mit Ihrem Doktoratsprogramm richten?

Faulhammer: Der Hauptfokus ist, hier eine Karriereperspektive für die eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu geben - später soll das auch darüber hinaus gehen. Es ist für eine Hochschule sehr wichtig, den eigenen wissenschaftlichen Nachwuchs zu qualifizieren. Das findet auch schon statt, in Kooperation mit anderen Universitäten. Wenn es entsprechende Professuren gibt, warum sollte man das nicht selber machen können? Dazu kommt: Ein PhD-Programm macht man nicht im Vorübergehen, das macht man eingebunden mit einer Anstellung in einem Forschungsprogramm und somit qualitätsgesichert.

derStandard.at: Sie waren bis 1. August im Wissenschaftsministerium tätig. Haben Sie selbst am Entwurf für das Promotionsrecht mitgearbeitet?

Faulhammer: Nein. Das Thema wurde schon länger diskutiert. Als die Sache vorangetrieben wurde, war ich auf Urlaub.

derStandard.at: Warum führen Sie eigentlich nicht erst ein Bachelorstudium ein und dann ein PhD-Programm?

Faulhammer: Das Thema Volluniversität für Weiterbildung war schon eine Vereinbarung zwischen dem Landeshauptmann und dem damaligen Wissenschaftsminister Johannes Hahn, und die erste Ausprägung davon war das Promotionsrecht im Regierungsprogramm 2008. Wenn wir die Möglichkeit haben, unser eigenes Personal durch ein PhD-Programm auszubilden, dann werden wir uns auch leichter tun, Bachelorprogramme anzubieten. Dadurch kann die Qualität aller Programme gesteigert werden.

derStandard.at: Die Donau-Universität Krems bietet ein sehr breites Angebot an Studien. Neben den gängigen Fächern wird etwa auch Gartentherapie angeboten. Sehen Sie hier Konsolidierungsbedarf?

Faulhammer: Die Donau-Universität Krems muss marktorientiert agieren. Alle Angebote zusammengenommen kommen wir auf eine große Anzahl von Lehrgängen. Von diesen sind allerdings nur jene im jeweils aktuellen Studienjahr im Programm, bei denen es eine entsprechende Nachfrage am Markt gibt. Trotzdem ist das Lehrgangsangebot groß, und im Zuge des Quality-Audits, das wir bis Ende 2015 machen, wird es Überlegungen geben, wie wir hier eine stärkere Fokussierung erreichen.

Wir haben an der Donau-Universität Krems ein starkes Profit-Center-Denken. Die Umsätze werden in den Departements generiert, und daher schaut jedes Departement, dass es budgetär gute Ergebnisse erwirtschaftet. Vielleicht gelingt es uns hier, mehr Zusammenarbeit zu erreichen.

derStandard.at: Sie waren früher im Ministerium als Generalsekretär, jetzt sind Sie Rektor. Interessiert es Sie auch noch, aktiv in der Politik tätig zu sein?

Faulhammer: Nein. Eben weil ich den politischen Bereich sehr gut kennengelernt habe. Mir macht es viel mehr Freude, Übersetzer zu sein zwischen Politik und jenen, die Politik umsetzen.

derStandard.at: Wir haben bald eine neue Regierung. Könnten Sie sich eine Zusammenlegung von Wissenschaftsministerium und Bildungsministerium vorstellen?

Faulhammer: Das Ziel sollte sein, ein eigenständiges Wissenschaftsministerium zu erhalten. Als ich begonnen habe, waren noch alle Forschungsagenden und die Museen im Wissenschaftsministerium. In den Jahren 2000 bis 2007 hat das Ministerium maßgebliche Forschungsagenden verloren. Wenn schon Änderungen durchgeführt werden sollen, dann sollte man das frühere Wissenschaftsministerium mit allen Forschungsagenden wiedererstehen lassen. Dann hätten wir eine umfassende Sichtweise auf das Thema Wissenschaft und Forschung. Da gibt es viel mehr Gemeinsamkeiten als jene zwischen dem Kindergarten und der Universität. (Lisa Aigner und Sebastian Pumberger, derStandard.at, 31.10.2013)