Frauen aus dem Dorf und der Region bereiten sich mit Fachleuten monatelang auf die Ausstellung vor.

Frauenmuseum Hittisau

Platz 501
6952 Hittisau

www.frauenmuseum.at

Foto: frauenmuseum.at

Hittisau – Das Frauenmuseum Hittisau ist in mehrfacher Hinsicht einzigartig: Es ist das einzige Frauenmuseum Österreichs, mit seinem Standort im Bregenzerwald das einzige Frauenmuseum Europas in ländlicher Umgebung und wohl weltweit die einzige Einrichtung dieser Art unter einem Dach mit der Feuerwehr.

Die seltsame Kombination ergab sich durch zwei Notwendigkeiten im Dorf: Die Feuerwehr brauchte ein neues Haus, die Gemeinde wollte ein Ortsmuseum. Die Kunsthistorikerin Elisabeth Stöckler, aus dem Dorf stammend und noch dazu Tochter eines geachteten Heimatforschers, wurde mit dem Konzept für ein Heimatmuseum beauftragt. Das Ergebnis machte die Gemeindeverantwortlichen sprach- und wohl wegen des Überraschungseffekts auch wehrlos. In der 2000-Menschen-Gemeinde sollte ein Museum entstehen, das sich mit Geschichte, Alltag und Kulturschaffen aus Frauenperspektive beschäftigt.

Foto: Frauenmuseum Hittisau
Foto: Frauenmuseum Hittisau

Fauen und Feuerwehr

Erstaunlich wie die Zustimmung der Gemeindevertretung war das Wagnis, Frauen und Feuerwehr in einem Gebäude unterzubringen. Schließlich ist man und frau auch im Bregenzerwald nicht ganz vorurteilsfrei: Flintenweiber und Saufköpfe unter einem Dach? Das könne doch nicht gut gehen. Bösartige Unterstellungen dieser Art bewahrheiteten sich nicht.

13 Jahre und 30 Ausstellungen später kann man von friedlicher Koexistenz sprechen. Dazu hat auch die durchdachte Architektur beigetragen. cukrovicz.nachbaur architekten, die Jahre später das Landesmuseum planten, schufen im Untergeschoß Raum für die Feuerwehr. Beton und

Foto: Frauenmuseum Hittisau
Foto: Frauenmuseum Hittisau

Stahl sind die Materialien des zur Straße orientierten Gebäudeteils. Darüber schwebt (oder thront?) der Holzquader des Museums, – transparent, großzügig mit Blick auf das Dorfzentrum.

Zwei, maximal drei Ausstellungen werden pro Jahr in der weitläufigen Halle gezeigt. Göttinnen waren hier bereits als Ausstellungsthemen zu Gast, Zirkusfrauen, Politikerinnen, Künstlerinnen. Sozial- und Kulturgeschichte, Kunst, Architektur, Geschichte wird immer auch aus regionaler Frauenperspektive betrachtet. Wichtiger als teurer technischer Aufwand und die Macht des Objekts ist den Kuratorinnen und Direktorin Stefania Pitscheider Soraperra die Vermittlung.

Museumsfrauen aus der Region

Die Art und Weise, wie Ausstellungsthemen den Besucherinnen und Besuchern nahegebracht werden, ist so ungewöhnlich wie das Museum. Frauen aus dem Dorf und der Region bereiten sich mit Fachleuten monatelang auf die Ausstellung vor, arbeiten sich in die Themen ein und vermitteln dann ihre ganz persönliche Sichtweise im Dialog mit den Besucherinnen und Besuchern. Die Museumsfrauen sind zwischen 18 und 80 Jahre alt, haben ganz unterschiedliche Berufe und Sozialisierungen. Die Bregenzerwälder Bäuerin ist ebenso vertreten wie die deutsche Zugewanderte. Gemeinsam bemühen sie sich um gendersensible Diskurse und füllen mit für das bäuerlich-touristische Umfeld ungewöhnlichen Veranstaltungen den Dorfsaal. Zuletzt Ende Oktober, als Alice Schwarzer zur Finissage der Ausstellung "Europäerinnen. Starke Frauen im Portrait" aus ihren Memoiren las.

Foto: Frauenmuseum Hittisau
Foto: Frauenmuseum Hittisau

Ab 23. November (bis 27. April) widmet sich das Frauenmuseum einer Künstlerin der Region. Mit einem Blick auf das Werk von Anne Marie Jehle (geboren 1937 in Feldkirch, gestorben 2000 in Vaduz) erkennt man auch die gesellschaftlichen Bedingungen für eine Künstlerin im katholisch-konservativen Vorarlberg. Die Objekt-, Konzept- und Installationskünstlerin, Zeichnerin, Fotografin und Malerin zeichnete mit A.M. Jehle nicht von ungefähr geschlechtsneutral. Denn ihre bissig-ironische Auseinandersetzung mit dem Alltag der Frauen im patriarchalen ländlichen Umfeld sollte nicht a priori als lästiges Frauenproblem abgetan werden. Auf die Assoziationen und Querverweise der Hittisauer Vermittlerinnen darf man sich freuen. (Jutta Berger, derStandard.at, 30.10.2013)