"Punane Koit" - Rote Dämmerung: ein Synomym für den Kommunismus, denn im Osten geht immer die Sonne auf. - Arbeit von Marge Monko im Mumok. 

Foto: Meelis Kodres

Wien - Die Bezeichnung Russendenkmal ist am geläufigsten. Aber das Heldendenkmal der Roten Armee auf dem Schwarzenbergplatz trug im Volksmund noch abschätzigere Namen: "Denkmal des unbekannten Plünderers" verweist etwa auf die Übergriffe während des Einmarsches der Sowjetarmee. Auch gehässige Bezeichnungen wie "Erbsendenkmal" oder "Erbsenprinz" (im Rahmen einer Hilfsaktion soll Stalin veranlasst haben, 1000 Tonnen Erbsen zu verteilen), zeugen vom ressentimentbeladenen Umgang mit dem Siegerdenkmal. Offiziell passte die "Befreiung" durch die Alliierten aber schon zur Stilisierung Österreichs als "erstes Opfer".

Für die estnische Künstlerin Marge Monko (geb. 1976) ist das Denkmal nach wie vor Symptom für Österreichs zwiespältigen Umgang mit der Geschichte. Als sie 2004 erstmals Wien besuchte, fiel ihr auf, dass die Figur des Soldaten nächtens von der farbig illuminierten Fontäne des Hochstrahlbrunnens verborgen ist. Im Mumok, wo der Henkel-Kunstpreis-Trägerin aktuell eine Ausstellung gewidmet ist, illustrieren diesen Gedanken nur zwei Fotos des Denkmals. Dieser bleibt so allzu sehr im Bereich des Vagen.

Anderen Arbeiten der Schau How to Wear Red, die den Umgang mit dem politisch roten Erbe zum Thema macht, steht diese symbolische Ebene besser: etwa dem kurzen Film Punane Koit (2013), übersetzt: Rote Dämmerung. In der Sowjetära war dies ein Synonym für den Kommunismus, so hieß aber auch ein Strumpfhersteller in Tallinn. Auf dem Dach der stillgelegten Fabrik ließ Monko den Schriftzug wieder anbringen: eine Maßnahme, die einerseits zum Gespräch über die Geschichte des Ortes anregt, andererseits lichtes Signal des Neuanfangs ist.

Neben einem Bekenntnis zur Kontinuität von Geschichte ist einigen von Monkos Arbeiten auch ein Impuls zur Selbstermächtigung eigen, beispielsweise wenn sie im Rückgriff auf Bertolt Brechts Arbeitertheater oder dokumentarische Strategien der Gruppe Rimini Protokoll, arbeitslosen Frauen die Rollen von Politik und Gewerkschaft überträgt: Im ersten Teil ihres Videos Forum (2009) diskutieren sie in den fremden Rollen eine Novelle im Arbeitnehmerrecht, um im zweiten ihre Erfahrungen als Arbeitsuchende zu teilen. Subjektive Schicksale in einem neuen, neoliberalen Estland inszeniert der fiktionale Film Shaken not Stirred (2012). Aktivistisch-dokumentarische Ansätze, deren Dramaturgie etwas mehr Intensität jedoch guttäte. (Anne Katrin Feßler, DER STANDARD, 30.10.2013)