Grafik: DER STANDARD

Österreich sei in den vergangenen Jahren als Wirtschaftsstandort zum europäischen Durchschnitt "abgesandelt", ließ Wirtschaftskammerpräsident Christoph Leitl im August in Alpbach verlauten - und hat damit seiner Partei einen nicht gerade hilfreichen Sager für den Wahlkampf geliefert. Denn in den vergangenen Jahren waren nicht zuletzt ÖVP-Minister für die Entwicklung des Standorts Österreich zuständig.

Doch nicht nur wahlkampfstrategisch war Leitls Sager eher unnötig. "Er ist angesichts neue Vergleichsdaten in Sachen Forschung und Entwicklung (F&E) auch ungerechtfertig", sagt Innovationsökonom Andreas Schibany, Gruppenleiter der Abteilung Ökonomie & Finanzwirtschaft am Institut für Höhere Studien (IHS) in Wien.

Schibany hat mit seinem Team für eine neue Übersichtsstudie zur österreichischen Innovationspolitik unter anderem die noch unveröffentlichten Daten der F&E-Erhebung 2011 ausgewertet, sie in einen Zusammenhang mit den Entwicklungen seit 2000 gestellt und einige internationale Studien zur Standortqualität konsultiert. Die meisten der seriösen Untersuchungen würden laut Schibany und Kollegen ein "sehr positives Bild" vom Standortpotenzial Österreichs zeichnen.

Doch auch die jüngsten Ergebnisse der F&E-Erhebung bestätigen, dass Österreich mittlerweile zu einem "reifen" F&E-Standort geworden sei. Wie das gelang, lässt sich nicht zuletzt anhand der Entwicklung bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung ablesen: Die entsprechende Quote stieg in Österreich von 1,93 Prozent im Jahr 2000 auf 2,75 Prozent 2011.

Damit hatte Österreich in diesem Zeitraum eine vergleichsweise hohe Wachstumsrate, die auch aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008 nicht einbrach, wie Schibany sagt. Zwar sei es auch in Österreich zu einer gewissen Stagnation gekommen. Die öffentliche Hand habe aber den Rückgang bei den privaten F&E-Ausgaben weitgehend kompensiert, auch wenn Investitionen in F&E nicht Teil von kurzfristigen Konjunkturpakten waren wie in anderen Ländern.

Für Schibany ist damit offensichtlich, dass sich Österreich als gut entwickelter Forschunsgstandort auch "stabilisiert" habe - obwohl man sich gerade in diesem Bereich auf dem Erreichten gerade nicht ausruhen könne. Handlungsbedarf sieht der Experte einmal mehr angesichts der ungleichen Expansion des Hochschul- und des Unternehmenssektors. Letzterer sei viel stärker gewachsen als die Grundlagenforschung, sagt Schibany.

Deshalb müsse man den nächsten Jahren wieder verstärkt in die Grundlagenforschung investieren. "Damit den Unternehmen längerfristig nicht die innovativen Ideen ausgehen." (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 30.10.2013)