Ablehnung des Bürgerlichen und Modeästhetik als Weiterführung literarischer Positionen: Elfriede Gerstl und ...

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... Elfriede Jelinek.

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Im Zeichen des Zwirns: In der Vortragsreihe "Kleiderfragen" geht es um den Zusammenhang zwischen Mode und Kulturwissenschaft. Im wissenschaftlichen Kontext genießt Mode keinen besonders guten Ruf: Von Unberechenbarkeit ist da die Rede, Karl Marx nannte das "Flatterlaunen". Zudem zeichnet sie sich durch diverse Paradoxien aus: Einerseits den Prinzipien von Freiheit und Gleichheit verpflichtet, mündet sie letztendlich oft in den Zwang zu Anpassung und Uniformierung. Andererseits stärkt sie in subkulturellen Zusammenhängen und Milieus die Möglichkeiten zur Differenzierung vom Mainstream und auf individueller Ebene die zur Selbstinszenierung.

Heute beim zweiten Termin sprechen die Germanistinnen Uta Degner und Christa Gürtler über Sichtbar unsichtbar. Zur Ästhetik der Mode bei Elfriede Gerstl und Elfriede Jelinek. Die 2009 verstorbene Gerstl sammelte Kleider und Accessoires aus den 1930ern bis 1970ern bevorzugt auf Flohmärkten und in Secondhandläden, in ihrem eigenen kleinen Geschäft am Wiener Naschmarkt gehörte Jelinek zu den besten Kunden. Gut 35 Jahre waren die beiden Schriftstellerinnen befreundet, so lange währte auch ihr Faible für Kleider(fragen) - dabei wie in der Literatur immer der Avantgarde zugeneigt.

Gürtler und Degner zeigen, dass sich Gerstls/Jelineks Modeästhetik als Verlängerung ihrer literarischen Poetik interpretieren lässt. Bei aller Unterschiedlichkeit in der Textproduktion bleibt doch die Ablehnung des Bürgerlichen ein verbindendes Element - und damit geht auch die Kritik an bürgerlicher Mode sowie der jeweils herrschenden, von Marktinteressen geleiteten Modetrends einher. Christa Gürtler wird die Korrespondenzen zwischen Sprache und Kleidung bei Gerstl herausarbeiten, Degner die scheinbar paradoxen Haltungen Jelineks zu Mode und Modekritik in Relation zu ihrer Ästhetik erklären. (dog, DER STANDARD, 30.10.2013)