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Andrej Babiš (links) hält nun alle Karten in der Hand. Nicht nur der Zirkusbesitzer Jaromir Joo und sein Tigerbaby unterstützten den Milliardär, sondern auch 18,65 Prozent der Wähler.

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Auf Platz eins, aber mit Verlusten, landeten die Sozialdemokraten unter Bohuslav Sobotka.

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Nach der Parlamentswahl in Tschechien zeichnet sich eine schwierige Regierungsbildung ab. Die Sozialdemokraten (ČSSD) landeten erwartungsgemäß auf Platz eins, blieben mit 20,5 Prozent der Stimmen jedoch hinter den Erwartungen zurück. Auch die linke Mehrheit, die noch vor kurzem in Reichweite schien, konnte nicht erzielt werden: Die Kommunisten (KSČM) verzeichneten zwar Stimmenzuwächse und wurden mit 14,9 Prozent drittstärkste Partei, gemeinsam kommen ČSSD und KSČM im 200-köpfigen Parlament aber nur auf 83 Mandate.

Alle Trümpfe hält nun der Milliardär Andrej Babiš in der Hand, der mit seiner Aktion unzufriedener Bürger (Ano) und 18,65 Prozent auf Anhieb Platz zwei erreichte. Politisch gilt die Partei als diffus, ins Links-rechts-Schema lässt sie sich nur schwer einordnen. Tschechien schlage einen neuen Weg mit unklarem Ziel ein, meint der Politikwissenschaftler Tomáš Lebeda: "Bisher scheint diese Intransparenz die Wähler aber nicht besonders zu stören."

Dass die Wahl eine Generalabrechnung der Bürger mit ihren Politikern war, zeigen auch andere Ergebnisse: Mit der Morgendämmerung der direkten Demokratie (Úsvit) des tschechojapa­nischen Unternehmers Tomio Okamura zieht noch eine zweite Protestbewegung ins Abgeordnetenhaus ein. Ihre Forderung nach einem Gesetz zur Abhaltung von Referenden oder der Abwählbarkeit von Politikern brachte ihr knapp sieben Prozent.

Ein Desaster wurde die Wahl für die Parteien der ehemaligen Mitte-rechts-Regierung, die im Juni über einen Bespitzelungs- und Korruptionsskandal gestürzt war. Die Bürgerdemokraten (ODS), bis vor kurzem noch stärkste Regierungspartei, kommen auf 7,7 Prozent und sind froh, überhaupt noch im Parlament vertreten zu sein. Die rechtsliberale Partei Top 09 von Karl Schwarzenberg steht mit zwölf Prozent besser da, verzeichnete aber ebenfalls herbe Verluste. Exaußenminister Schwarzenberg nimmt es gelassen: "Wer nötige Reformen durchführt, wird von den Wählern eben bestraft." Seine Partei war in der alten Regierung auch für das Finanz- und das Sozialministerium verantwortlich, rigorose Sparpolitik und Einschnitte im Sozialbereich waren auf heftige Kritik gestoßen.

Freude bei Christdemokraten

Zu den Gewinnern der Wahl zählen die Christdemokraten (KDU-ČSL). Mit knapp sieben Prozent schafften sie den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus, nachdem sie 2010 an der Fünprozenthürde gescheitert waren. Die Grünen hingegen bleiben zum zweiten Mal hintereinander vor den Toren des Parlaments. Mit mehr als drei Prozent sind sie aber die erfolgreichste unter den erfolglosen Gruppierungen – und die einzige mit Anspruch auf regelmäßige Parteienförderung.

Bei den Koalitionsverhandlungen wird Staatspräsident Miloš Zeman eine Schlüsselrolle spielen. Vorerst hat Zeman es aber nicht eilig, jemanden mit der Regierungsbildung zu beauftragen. Er will zunächst die konstituierende Sitzung des Abgeordnetenhauses in einem Monat abwarten, bis dahin bleibt die durch ihn eingesetzte Regierung von Premier Jiří Rusnok im Amt. Auch der Streit innerhalb der ČSSD-Führung spielt Zeman in die Karten: Solange sich Parteichef Bohuslav Sobotka und sein Vize, der Zeman-Vertraute Michal Hašek, nicht auf eine Linie einigen, kann der Präsident abwarten.

Manche Beobachter haben Zeman zum heimlichen Wahlsieger ausgerufen: Bei unklaren Mehrheitsverhältnissen würde es ihm leichter fallen, im Hintergrund die Fäden zu ziehen. Doch die Wähler haben auch Zeman die Quittung präsentiert: Seine Partei der Bürgerrechte schaffte mit 1,5 Prozent den Einzug ins Parlament nicht. Auch Amtsvorgänger Václav Klaus blieb mäßig erfolgreich: Die rechtsnationale, EU-feindliche Gruppierung "Kopf hoch" bekam nicht einmal ein halbes Prozent. (Gerald Schubert aus Prag / DER STANDARD, 28.10.2013)