Linz - "Es hat sich ja seit der Nationalratswahl einiges getan. Manche Parteien stehen besser, andere schlechter da. Ich lese Ihnen nun die Parteien vor und bitte Sie, mir jeweils zu sagen, ob diese Partei heute besser oder schlechter dasteht als unmittelbar nach der Wahl." Mit dieser Frage konfrontierten die Marktforscher des Linzer Market-Instituts in der Vorwoche 603 repräsentativ ausgewählte Wahlberechtigte. Eindeutige Antwort: 92 Prozent nennen das Team Stronach als Partei, die schlechter dasteht.

Ebenfalls zu den Verlierern werden die Regierungsparteien gezählt: 70 Prozent sehen die ÖVP heute in einer schlechteren Position als unmittelbar nach der Wahl - ausschließlich im Kreis der ÖVP-Wähler überwiegt die Meinung, dass es der Partei nun besser ginge. Ähnlich das Muster bei der SPÖ: 66 Prozent sehen die Partei tendenziell verlieren, während 32 Prozent eine Aufwärtsbewegung zu spüren glauben. Auch hier speist sich die positive Einschätzung vor allem aus dem Kreis der eigenen Wähler.

Und: Es sind vor allem ältere, weibliche Wahlberechtigte (die wichtigste Kernwählergruppe der SPÖ), die eine positive Entwicklung für die Sozialdemokratie wahrzunehmen meinen.

Eindeutige Gewinner der vergangenen Wochen: die Neos. Sie werden von 82 Prozent als die wahren Gewinner der politischen Entwicklung gesehen.

Das drückt sich auch in der Hochrechnung aus: Einen Monat nach der Wahl müsste das Team Stronach mit knapp vier Prozent um den Wiedereinzug ins Parlament zittern, während die Neos bei einer Neuwahl wohl an die acht Prozent bekämen. Die Grünen (die etwa von je der Hälfte der Befragten als Gewinner beziehungsweise Verlierer wahrgenommen werden) kämen nach wie vor auf etwa zwölf Prozent.

Die ÖVP würde zwar mit 23 Prozent etwa das Wahlergebnis (23,99) halten, käme aber hinter SPÖ (25) und FPÖ möglicherweise nur auf Platz drei.

Es geht nur um Eckpunkte

Sollen unter diesen Gegebenheiten die beiden bisherigen Koalitionspartner überhaupt miteinander verhandeln? Ja, sagt die Mehrheit: 65 Prozent befürworten die Koalitionsverhandlungen als "gut und richtig", wobei die Wählerschaften der beiden Partner mit 87 beziehungsweise 88 Prozent besonders klar hinter den Verhandlungen stehen.

Was aber soll verhandelt werden? der STANDARD ließ die Frage so stellen: "Zu Regierungsverhandlungen gibt es zwei Meinungen: Die einen sagen, man sollte lange und gründlich alle Details verhandeln und dann einen Koalitionsvertrag abschließen, der dann fünf Jahre unbedingt einzuhalten ist. Die anderen sagen, man sollte sich rasch über die Eckpunkte einigen und im Lauf der kommenden fünf Jahre flexibel auf Veränderungen reagieren. Was meinen Sie?" Darauf sagten 65 Prozent, es sei besser, sich nur auf Eckpunkte zu einigen - für den Leiter des Market-Instituts David Pfarrhofer insofern ein erstaunliches Ergebnis, als eine solche Vorgehensweise impliziert, "dass man im Lauf der Jahre viele Details diskutieren muss - und wo diskutiert wird, wird in der politischen Praxis von 'streiten' gesprochen, was die Leute ja angeblich nicht wollen". Für detaillierte Festlegungen (und damit Streitvermeidung) sind am ehesten Wähler der FPÖ.

Schließlich ließ der STANDARD die Inhalte der Koalitionsverhandlungen abklopfen.

Wie die Grafik zeigt, wird der ÖVP in sechs Themenfeldern mehr zugetraut, der SPÖ in fünf. Besonders deutlich ist, dass die Österreicher der ÖVP in Wirtschaftsfragen in hohem Maß vertrauen - wobei es auch von SPÖ-Wählern viel Zustimmung gibt.

Die SPÖ ist bei den Sozialthemen unschlagbar (wobei auch aus dem Lager des Wunsch-Koalitionspartners Zustimmung kommt). Die Budgeterstellung würden die Befragten lieber der (eher sparsamen) ÖVP überlassen, das Steuereintreiben der SPÖ. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 28.10.2013)