Um 03:00 Uhr in der Früh ist Helly Frauwallner schon auf den Beinen. Er muss in den Parc Fermé. Bis zum Start sind es nur mehr zwei Stunden. In seiner steirischen Heimat Bairisch Kölldorf ist es 00:30 Uhr als er ins Rennen startet: die Raid de Himalaya.

Foto: Frauwallner

Sie gilt als eine der härtesten Rallyes der Welt. Auf über 5000 Metern Seehöhe ist Motorradfahren kein Sonntagsausflug samt Topfenstrudel. Seit der ersten Raid de Himalaya 1999 starben bei dem Rennen 11 Menschen. Grund dafür sind meist das unberechenbare Wetter, die Strapazen verursacht durch die Höhe. Dünne Luft, Schneestürme, Temperaturen weit unter 0 Grad fordern die rund 150 Starter. In sechs Etappen – die zwischen 150 und über 300 Kilometer lang sind – geht es von Shimla über Manali, Kaza, Pang nach Leh.

Foto: Frauwallner

Der Tiger, wie sich Helly Frauwallner selbst nennt, hat beheizte Handschuhe, Socken, und auch die Jacke trägt ein Heizsystem in sich. Helly Frauwallner hat ja schon Erfahrung bei der Himalaya-Rallye: Er startete bereits 2010, gewann das Rennen 2011 zum ersten Mal und wurde letztes Jahr Zweiter. Diesmal ist er mit einer Yamaha WR 450 F ausgerückt und gewann wieder.

Foto: Frauwallner

Zu verdanken ist das unter anderem aber auch seinem Buddy Stefan Rosner. „Ich musste ihn von seiner Unbekümmertheit abhalten, alles zu essen, was es gab", sagt er in Erinnerung an 2012, wo Helly mit einer schweren Lebensmittelvergiftung ins Ziel fuhr.

Foto: Frauwallner

Er ist hart im Nehmen, der Tiger. Unter Übelkeit litt er auch so, hatte starke Kopfschmerzen und kämpfte gegen den Schwindel an. Die Höhe hat ihm schon in den Rallyes zuvor zu schaffen gemacht. Immer wieder klopfte er tief in der Nacht beim Rennarzt ans Zelt. Die dünne Luft und die Kälte macht das Schlafen fast unmöglich. Ohne Medikamente, hin und wieder einen Schnaufer aus der Sauerstoff-Flasche, wäre selbst Helly nicht ins Ziel gekommen.

Foto: Frauwallner

„Die Rallye fordert ihre Opfer", erzählt Stefan Rosner (rechts im Bild) vor der vierten Etappe. „Mensch und Maschine sind am Limit." Helly liegt in Führung, und „für uns heißt es nun durchhalten und Ruhe bewahren. Wir können uns trotz des Vorsprungs keinen Fehler erlauben – die Autos sitzen dem Helly im Nacken. Aber er schraubt kräftig am Gas und kann es nicht lassen, die einzelnen Etappen für sich zu entscheiden."

Foto: Frauwallner

Für die Crew, die Helly Frauwallner mit nach Indien gebracht hat, heißt das weiteren Nervenkitzel. Sie kennen die Tücken der Strecke, wie die versteckten Schläge, die man bei der hohen Geschwindigkeit, die Helly fährt, erst im letzten Moment sieht – wenn überhaupt. Ein kleine Unachtsamkeit und Helly stürzt. Jeder Navigationsfehler kann ihn den Sieg kosten. Sie wissen, dass Helly am Ende der Kräfte ist, aber er kämpft weiter, wie ein Tiger eben. Knallt auf der vorletzten Etappe sogar eine Rekordzeit in den Berg.

Foto: Frauwallner

Und er fährt seinen Vorsprung bis zur Zieldurchfahrt in Leh weiter aus. „Die Organisation der Raid de Himalaya war sehr verblüfft, über Hellys frühes Eintreffen", erzählt Stefan Rosner. Helly Frauwallner fährt die Tagesbestzeit und gewinnt haushoch, lässt sogar alle Autos hinter sich. Fast unter Tränen sagt er: „Ich bin so froh, im Ziel zu sein. Morgen ist mein Geburtstag, und ich kann mir kein schöneres Geschenk vorstellen." Mehr als eine halbe Stunde hat er Suresh Rana mit Co-Piloten Ashwin Naik im Suzuki Grand Vitara abgenommen. Rana gewinnt zum neunten Mal die 4x4-Wertung. Stephan Rausch, der mit Helly in der X-Treme-Klasse startet, nimmt er fast eine Stunde ab.

Foto: Frauwallner

Inzwischen ist Helly Frauwallner wieder im Steirischen und hat dort seinen 55. Geburtstag wie auch den Sieg bei der Raid de Himalaya nachgefeiert. Seine Yamaha aber, die ist immer noch in Indien. „Ich habe sie gleich dort gelassen, weil im Frühjahr plane ich beim Desert Storm Indien zu starten. Da lohnen sich die Transportkosten zum hin und her Überstellen gar nicht." (Guido Gluschitsch, derStandard.at, 21.10.2013)

Link:
Helly Frauwallner

Foto: Frauwallner