Künftig muss seitens der Bauträger nur noch pro 100 Quadratmeter Wohnfläche jeweils ein Stellplatz errichtet werden; bislang war pro Wohnung ein Abstellplatz notwendig.

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In der Stadt auf das Auto zu verzichten ist gewissermaßen trendy. Immerhin werden in Wien dank der rot-grünen Stadtregierung die Fahrradwege und Stellplätze massiv ausgebaut. Zwar ist an ein Amsterdam'sches Ausmaß der Drahtesel-Fahrer noch nicht zu denken, doch die Wiener Stadtregierung hat sich das Ziel, recht hoch gesteckt: Der  Fahrradanteil am Stadtverkehr soll sich bis 2015 verdoppeln.

Die Wiener Linien haben mit ihrer Vergünstigung der Jahreskarten mit 1. Mai 2012 ebenfalls den Umstieg auf öffentliche Verkehrsmittel attraktiver gemacht. Selbst wenn manchmal nicht auf das Autofahren verzichtet werden kann, gibt es Möglichkeiten, ohne Privat-Pkw in der Stadt zu überleben. Mit CarSharing, Car2Go und Flinkster ist auch das Car-Sharing - so wird die kurzzeitige Vermietung für gelegentlichen Autobedarf genannt - in Wien schon recht gut vertreten. Ein Car-Sharing-Auto kann 8 bis 15 Privat-PKW ersetzen, wird gerechnet. Für Menschen, die weniger als 12.000 Kilometer im Jahr fahren, zahlt es sich schon aus, auf Car-Sharing umzusteigen.

Neue Bauordnung für weniger Parkplätze

Auch in neuen Wohnbauten sollen in Zukunft die Bewohner dabei unterstützt werden, auf das Auto zu verzichten. Das könnte durch die Novellierung der Wiener Bauordnung passieren. Doch kommt sie nun, oder kommt sie nicht - oder anders gefragt: wie kommt sie, die neue Wiener Bauordnung? Anfang nächsten Jahres soll es so weit sein. Dann erwarten Bauträger diverse Ökologisierungs-Maßnahmen, aber auch beispielsweise eine Erleichterung beim Anbau von Balkonen oder Aufzügen.

Teil dieser neuen Ordnung soll auch eine gelockerte Stellplatzverpflichtung (die im Garagengesetz verankert ist, das mit der Bauordnung gemeinsam novelliert wird) sein. Die Lockerung räumt den Bauträgern Möglichkeiten ein, die Menschen, die bewusst auf das Auto verzichten, zu unterstützen und zu belohnen.

Nur ein Stellplatz pro 100m²

Wo früher pro Wohnung ein Pkw-Stellplatz zu errichten war, ist dies in Zukunft nur noch einmal pro 100 Quadratmeter notwendig. Für die Bauträger bringt dies großes Einsparungspotenzial. Aber wo etwas gespart wird, darf man doch mit den Hausbewohnern teilen, oder nicht? Immerhin ist das Wörtchen Parkplatznot in Wien noch lange kein Fremdwort, und die Idee, noch weniger Parkplätze zu schaffen, nicht gerade bewohnerfreundlich. Hier sollten nun also die Ideen der Bauträger sprießen.

Ein Beispiel für eine Umsetzung im Sinne der Bewohner ist die Baugruppe JAspern in der zukünftigen Seestadt Aspern. Das auf Eigentumswohnungen ausgerichtete Bauprojekt setzt auf die moderne Mobilität seiner Bewohner. Es priorisiert Fußgänger, Radfahrer und Formen neuer, alternativer Fortbewegung wie das E-Bike. De facto soll Bauvolumen, das normalerweise für Stellplätze verwendet werden würde, für gemeinschaftliche Nutzung frei gemacht werden. Es werden ebenerdig umfangreiche Stellplätze für Fahrräder und Fahrrad-Anhänger gebaut. Auch E-Ladestationen für E-Bikes sind vorgesehen.

Moderne Mobilität in neuen Wohnbauten

Auch im zweiten Wiener Gemeindebezirk, am Gelände des ehemaligen Nordbahnhofs, entsteht derzeit ein Wohnbau, der die Idee des Verzichts auf das Auto in der Stadt unterstützt. Das "Wohnprojekt Wien" versteht sich als Keimzelle für nachhaltiges urbanes Leben. Für die 40 Wohneinheiten, die demnächst bezogen werden können, steht zukünftig ein hauseigenes Vehiclesharing mit Elektrofahrzeugen zur Verfügung.

Die Möglichkeiten, Hausbewohner beim Verzicht auf das eigene Auto zu unterstützen, sind schier unendlich. Ob viele Bauträger die wegfallenden Stellplätze in diesem Sinne nutzen, ist noch abzuwarten. Mit Baubeginn 2015 sind derzeit rund 13.400 Wohnungen für 33.000 Menschen in vier Wiener Bezirken geplant. Die Novelle zur Wiener Bauordnung befindet sich derzeit noch in der Begutachtungsphase und sollte in Kürze als Entwurf auf der Website der Stadt Wien online verfügbar sein. (Madeleine Harbich, derStandard.at, 14.11.2013)