Das Consol-Team im März 2013.

Foto: consol.Media

Wenn sich bis zum 24. Oktober kein Käufer für consol.Media findet, sperrt der größte und älteste Verlag für Videospielmagazine Österreichs seine Pforten. Es wäre nicht nur das Ende für die wichtigsten heimischen Branchenmagazine consol.AT und Gamers.at, sondern auch das Ende einer langen Reise voller Leidenschaft, harter Arbeit, Spaß und vieler toller Menschen.

20 Jahre Games-Berichterstattung haben "Consol" zu einer kleinen, aber bedeutenden Institution für heimische Videospielfans gemacht. In Zeiten des Printsterbens konnte das Aushängeschild consol.AT seine 30.000 Leser starke Anhängerschaft durch stetige Anpassungen des Angebots und die Reaktion auf Markttrends inklusive iPad-Magazin und Videoserie halten. Über 100.000 Abonnenten lauschen den regelmäßigen Podcasts der Redaktion und in den Foren der Online-Portale tummeln sich die Kenner genauso wie die Fanboys. Die Artikel sind von Fachkenntnis und Persönlichkeit geprägt. Die Redakteure sind ihren Lesern verbunden, schreiben sich in Blogs von der Seele und quatschen mit Fans auf Veranstaltungen wie der Game City. Es sind Magazine und Artikel, die von der Liebe zum Medium geprägt sind.

Wer investiert 2013 noch in Ideale?

Wenn Consol eines Tages nicht mehr da sein sollte, wird eine Nische, eine Türe geschlossen, die vermutlich nie wieder aufgesperrt wird. Seit dem ich Journalist bin, habe ich von egal welchem Chef und welchem Verleger immer nur gehört, dass harte Zeiten bevorstehen. Jedes Jahr wird auf den Weihnachtsfeiern der Gürtel enger geschnallt und auf die Herausforderungen der Zukunft eingeschworen. Die fetten Jahre kennen die Jüngeren und nicht mehr ganz so Jungen unter uns nur noch von Erzählungen. Österreichische Games-Magazine wie consol.AT haben so und so nie tief in den Honigtopf greifen können. Es sind Special-Interest-Publikationen, die von der Aufopferung und Hingabe ihrer Schreiber leben. Niemand wird reich, aber man kann zu seiner Arbeit stehen und hat Freude daran. Eine Eigenschaft, die man aus redaktioneller Sicht nicht hoch genug einstufen kann, die jedoch auch gänzlich gegen den Trend der heute allgegenwärtigen Profitmaximierung geht. Man kann immer über neue Ansätze und Modelle sprechen. Die grundlegende Frage lautet jedoch: Wer investiert 2013 noch in Ideale?

Der rote Faden

Consol steht aber nicht bloß für Videospiel-Enthusiasmus. Consol zieht sich wie ein roter Faden durch die heimische Zeitungslandschaft. In den vergangenen zwei Jahrzehnten entwickelte sich der zehn Angestellte und viele Freie zählende Verlag zum Sprungbrett für junge Journalisten. Benjamin Brandtner, heute Chef vom Dienst von news.at, stieß sich hier ebenso die Hörner ab wie Kurier-IT-Redakteur Gregor Gruber. Raphael Schön, Chefredakteur des Android Magazins, wärmte sich hier ebenfalls die Finger auf und auch ich sammelte hier meine ersten Erfahrungen mit Rezensionen, bevor ich zu derStandard.at kam. Wohl uns alle verband damals der Traum, über Videospiele zu schreiben. Geld gab es für die meisten Freien nicht viel. Doch wir erhielten mehr als das: Eine Chance.

Tolle Menschen

Rückblickend war das vielleicht ein bisschen naiv, doch hätten wir nicht nach Super Marios funkelnden Sternen greifen können, wäre uns der Einstieg in den Journalismus wie tausenden hoffnungsvollen Publizistikstudenten möglicherweise verwehrt geblieben. Willst du schreiben, musst du ganz einfach damit anfangen. Wo, ist nicht immer so entscheidend. Doch ich schätze mich sehr glücklich, noch in meinen Anfangsjahren die Jungs und Mädels des Verlagshauses in der Perfektastraße kennengelernt zu haben.

Ich muss jedesmal aufs Neue darüber schmunzeln, wie Hans-Peter Glock auf der E3 2008 den damaligen Xbox-Marketing-Manager, der lange davor bei Sega arbeitete, mit der Aussage verdutzte, dass für ihn die Xbox 360 der spirituelle Nachfolger des Nintendo 64 ist. Mit Fatih Olcaydu wunderte ich mich in Paris über den Irrsinn, Journalisten für eine zweistündige Spielepräsentation über den halben Erdball zu schicken. Und für mich nicht mehr wegzudenken sind die unzähligen Abende und Telefonate, in denen sich Alexander Amon und ich über jeden Abgrund der Industrie und die tausendste Neuauflage eines Blockbuster-Franchises auslassen, um am Schluss festzustellen, dass wir den Biss trotzdem nicht verloren haben.

Festhalten

Auch viele Jahre später hat sich dieses Gefühl der Verbundenheit nicht geändert. Fairere, nettere und kompetentere Kollegen kann man sich in einer Industrie, in der seit Jahren jeder Cent zweimal umgedreht wird, nicht wünschen. Sollte consol.Media bis zum 24. Oktober keinen Käufer finden, wäre es ein Rückschlag für die journalistischen Ideale in der Games-Branche. Ein Gedanke, der mir Tränen in die Augen schießt. Johannes, Michael, Alex, HP, Thomas und alle anderen guten Geister: Allein wegen euch darf Consol nicht sterben. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 19.10.2013)