Elisabeth Markstein starb 84-jährig in Wien.

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Wien - Ihre Verdienste für die Vermittlung russischer Literatur im deutschsprachigen Raum sind schwer zu überbieten: Elisabeth Markstein, die am Dienstag nach langer Krankheit im Alter von 84 Jahren in Wien gestorben ist, war mehr als eine herausragende Übersetzerin - unter anderem von Alexander Solschenizyns Archipel Gulag. In den Siebzigern war sie oft der erste westliche Anlaufpunkt für Literaten, die über Wien aus der Sowjetunion emigriert waren, etwa 1972 der spätere Literatur-Nobelpreisträger Joseph Brodsky.

Markstein galt als einer der letzten Zeitzeugen, die authentisch von der österreichischen Emigration in die Sowjetunion berichten konnte: 1929 als Tochter einer jüdischstämmigen Historikerin und des späteren KPÖ-Chefs Johann Koplenig in Wien geboren, wächst sie in Moskau auf. Nach der Befreiung Österreichs kehrte sie in die Heimat zurück und studiert "von russischer Literatur angesteckt" Slawistik.

Sie entfremdet sich von Russland, freundet sich mit Dissidenten an und für ihre Solschenizyn-Übersetzung belegen sie die Sowjets mit einem Einreiseverbot. Aber auch in Österreich wird die Kommunistentochter lange Zeit diskriminiert. Erst Anfang der 1980er-Jahre erhält sie eine fixe Anstellung an der Grazer Uni, 1989 den österreichischen Staatspreis für Übersetzung. Zuletzt rief sie sich 2010 mit ihrer Autobiografie Moskau ist viel schöner als Paris in Erinnerung. (höll, DER STANDARD, 18.10.2013)