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Auch Frauen konsumieren zunehmend mehr Alkohol, ergab das Suchtmittel-Monitoring.

Foto: APA/Jens Büttner
Grafik: Der Standard

Wien - Elf Prozent der über 15-jährigen Männer haben einen riskanten Alkoholkonsum, ebenso sechs Prozent der Frauen. Dann kommen die Nikotinabhängigkeit und der häufige Gebrauch von Psychopharmaka. Erst darauf folgen die illegalen Drogen. Das sind die Kernaussagen der neuen "Suchtmittel-Monitoring-Studie" des Instituts für Empirische Sozialforschung (IFES) im Auftrag der Sucht- und Drogenkoordination Wien, den Experten präsentierten.

22 Prozent trinken nie Alkohol

Die größte Problematik stellt der Alkohol dar. "Bereits 35 Prozent der Bevölkerung trinken zumindest zwei- bis dreimal pro Woche Alkohol (17 Prozent fast alle Tage, 18 Prozent zwei- bis dreimal pro Woche; Anm.). Gleichzeitig hat sich der Anteil der absoluten Abstinenzler erhöht. Es sind jetzt 22 Prozent der Bevölkerung (z.B. 2007 und 2009: 17 Prozent, 2011: 19 Prozent)", erläuterte der Wiener Drogenkoordinator Michael Dressel. Beim Alkoholkonsum zumindest alle zwei bis drei Tage wurde 1997 der bisher schlechteste Wert (39 Prozent) erreicht, der tiefste 2005 mit 25 Prozent.

Risikogruppe: Männer über 50

Neben der Größe der Alkoholproblematik in der Wiener Bevölkerung gibt es in der Untersuchung auch Hinweise auf die demografische bzw. geschlechtsspezifische Entwicklung. "Es ist nicht so, dass die Jugendlichen immer früher Alkohol konsumieren (aktuelles 'Einstiegsalter' im Durchschnitt 16,1 Jahre; 2007: 15,1 Jahre; Anm.). Wir haben den höchsten Anteil von riskantem Alkoholkonsum bei den über 50-jährigen Männern", sagte Dressel. Frauen würden zunehmend insgesamt mehr Alkohol konsumieren.

Rauchen als zweites Problemfeld

Das zweite große Problemfeld ist bei den substanzgebundenen Suchterkrankungen das Rauchen. Dr. Alexander David, Wiens Drogenbeauftragter: "32 Prozent der Wiener sind regelmäßige bzw. tägliche Raucher. Das zeigt, dass alle Maßnahmen, die bisher gesetzt wurden, um den Nikotinkonsum zu reduzieren, nicht gegriffen haben. Bei den Jugendlichen sind wir unverändert im Spitzenfeld." In diesem Jahr "outeten" sich 55 Prozent der Wiener als Nichtraucher, 2003 waren es 61 Prozent gewesen, 1995 sogar 63 Prozent.

Druck in Gesellschaft steigt

Ein bisher kaum öffentlich diskutierter Aspekt ist der häufige Gebrauch von Psychopharmaka, also von Beruhigungs- und Schlafmitteln. Darunter fallen nicht die spezifisch wirkenden Antidepressiva und Antipsychotika (bei Schizophrenie etc.). Hier gibt es eine erhebliche Suchtproblematik. Hans Haltmayer, ärztlicher Leiter der Suchthilfe Wien: "20 Prozent der Bevölkerung haben bereits zumindest einmal Beruhigungstabletten eingenommen (13 Prozent innerhalb der vergangen drei Jahre, vier Prozent innerhalb des vorangegangenen Monats, Anm.). 24 Prozent haben schon einmal Schlafmittel eingenommen (22 Prozent in den vergangenen drei Monaten, 13 Prozent im vorangegangenen Monat, Anm.)."

"Das zeigt, dass offenbar der Druck in der Gesellschaft und in der Arbeitswelt zunimmt", sagte der Arzt. Dem Druck werde fälschlicherweise mit Psychopharmaka begegnet. Gleichzeitig gebe es gerade auf diesem Gebiet noch recht wenig Problembewusstsein. "Diese Mittel verschreibt ja der Arzt. Die 'müssen' also 'gut' sein", sagte Haltmayer. 

Studie seit 1993

Die Studie wird seit 1993 alle zwei Jahre durchgeführt und läuft mit fast identischen Fragestellungen ab. In der aktuellen Studie wurde ein repräsentatives Sample von 600 Personen im Alter ab 15 Jahren befragt. "Wir haben damit eine echte Zeitreihe, was die Abhängigkeitsproblematik in der Allgemeinbevölkerung angeht", sagte Dressel. Für die diesjährige Studie liefen die mündlichen Befragungen von März bis April. (APA, 17.10.2013)