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Manche interessieren sich ja mehr für Mathematik. Andere weniger. Trotzdem kann man da spannende Dinge lernen. Zum Beispiel, dass das Königsberger Brückenproblem zur Graphentheorie geführt hat. Die braucht man, wenn man Handymastensysteme optimieren will. Oder für Schaltpläne, Stammbäume oder Unternehmenshierarchien.

Die Frage, die sich Leonard Euler im frühen 18. Jahrhundert stellte, war, ob es einen Rundweg durch die Stadt Königsberg gibt, bei der jede der sieben Brücken genau einmal überquert wird. Ein solcher, so genannter "Eulerscher Weg" war in diesem Fall nicht möglich, aber wegweisend für die Beschäftigung mit Kanten und Knoten. Ich habe ja zum Beispiel gar nicht vor, Handymastensysteme zu optimieren, trotzdem finde ich auch das chinesische Briefträgerproblem spannend. Bei dem geht es darum, am kürzesten Weg von A nach B und wieder retour zu kommen ­ - und wer möchte das nicht? Zu mindestens, wenn er am Weg in die Arbeit im Stau steht und das Navi verflucht.

Ob es überhaupt noch chinesische Briefträger gibt? Schreibt überhaupt noch jemand Briefe? Ich schweife ab, aber auch nicht mehr als meine Kommilitonen, die während der Vorlesung ihre Facebookprofile checken und Apache Ant für Java auf ihren Laptops installieren. Damit liegen diese Multitasker voll im Trend, weil die gleichzeitige Nutzung mehrerer Medien ist ja überhaupt der letzte Schrei. "Media Meshing" oder "Media Stacking" wird das genannt und egal ob verzahnt oder gestapelt, es geht darum, beim Fernsehen gleichzeitig zu twittern oder sich sonstwie am Smartphone über Inhalte auszutauschen, die über diverse Kanäle auf einen einströmen. Warum also nicht auch die Vorlesungszeit noch für anderes nützen? Der Vortragende ist ja schließlich nur eine Informationsquelle von vielen. 

Aber jetzt zurück zum chinesischen Briefträger. Er erinnert mich an die freundliche Nachfrage nach den Werken meiner Kalligraphieübungen. Nicht alle wurden ein Raub der Flammen. Wirklich, ganz oben im Bücherregal unter einer dicken Schicht Staub fand sich ein letztes, schon zerbröselndes Exemplar. Damals, in den 90er-Jahren, wurde ja mit Pinsel und Tusche auf Telefonbüchern geübt, regelmäßige Leserinnen und Leser dieses Blogs wissen das bereits. Anbei nun ein Exemplar zur Ansicht. Ich habe keine Ahnung, was das Zeichen bedeutet. Falls es sich um eine Beschimpfung, einen Fluch oder einen anderen unflätigen Inhalt handeln sollte, bitte ich schon jetzt um Entschuldigung. (Tanja Paar, derStandard.at, 17.10.2013)