Er will, eindeutig, aber er kann nicht. Der BMW M6. Gerade für das dritte Modell in der M6-Familie, für das Gran Coupé, trifft das besonders zu. Nein, nicht was Sie jetzt vielleicht meinen, dass er die M-Versprechen von ei­nem edlen, straßenzugelassenen Sportwagen nicht halten kann, sondern: Er wäre gerne zurückhaltend. Aber nein, das ist er nicht im Ansatz.

Foto: Guido Gluschitsch

Er trägt keinen fetten Heckspoiler, der von weitem verrät, dass hier ein Geschoß kommt. Aber er hat eine eindeutige Front. Große Lufteinlässe zeigen, dass da kein zugeschnürter Motor unter der Haube steckt. Und das bemerkt man auch nach jeder Fahrt. Denn da läuft der Hubschrauber noch ein Zeiterl nach, wenn der M6 schon lange steht.

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Neben den 560 PS leistet dieser Motor anscheinend auch die Ar­beit eines Heizkraftwerks. Es dürfte schon beim Fahren eine Herausforderung sein, den Motor thermisch stabil zu halten, nach dem Abstellen, wenn es keinen Fahrtwind gibt, simulieren diesen die Ventilatoren der Kühler.

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Am Stand klingt der M6 also schon einmal wie ein Privatflughafen. Beim Fahren nicht. Es wirkt, als hätte BMW viel Arbeit reingesteckt, diesen Motor dezent klingen zu lassen. Im Innenraum hört man ihn bei normaler Fahrt fast gar nicht. Ganz anders ist das draußen. Da gleitet man vermeintlich lautlos auf einen Parkplatz, und trotzdem dreht sich sofort jeder nach dem Wagen um, der auch nur ein wenig Benzin im Blut hat.

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Er blubbert deutlich durch die vier Endrohre, macht kein Geheimnis aus den 4,4 Litern Hubraum. Und wenn man ihn über die M-Knöpfe auf scharf stellt, dann faucht er sowieso permanent.

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Spannend ist übrigens, wie die Leute auf dieses Auto reagieren. "Der ist zu blad, zu behäbig, der kann nix", hören wir nicht einmal. Wenn man daraufhin aber den Schlüssel aus der Tasche zieht und fragt: "Magst einmal probieren?", fangen die Augen des Ge­genüber zu leuchten an, und sofort schnappen beide Hände gierig nach dem Schlüssel.

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Wenn dann Sekunden später klar ist, dass die Frage nur dazu gedacht war, um herauszufinden, ob dieser M6 nicht doch interessant wäre, stemmen sich die Hände in die Hüften und das Gran Coupé ist wieder fürchterlich bäh.

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Das Angebot, in der hinteren Reihe mitfahren zu können, wollte niemand annehmen. Nein, das ist eh kein Wunder, obwohl, das wäre ganz schön gemütlich. Wenn man halt brav fährt. Was mit dem M6 genauso schwer geht, wie er selbst zurückhaltend ist.

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Tritt man auf der Autobahn das Gaspedal durch, schwanzelt er wie ein Hund vor der Knackwurst gleich mit dem ganzen Heck. Danke für den Hinterradantrieb. Hinten antreiben, vorn lenken. Exakt bremsen. Wir haben am M6 die Keramikscheiben drauf. Die wollen nicht nur verzögern, die könnern das auch. Marke Hausmauer. (Guido Gluschitsch, DER STANDARD, 11.10.2013)

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Zweite Meinung

Also Herrschaftszeitennocheinmal! Der ist aber wirklich wild. Schaut aus wie ein eleganter Herr und hat dabei ein Gemüt wie ein liebeskranker Stier in der Paarungszeit. Der Hinterradantrieb ist eine Herausforderung, erst die elektronischen Hilfssysteme richten den Wagen wieder in die Spur ein, wenn einen einmal das Übermütige überkommen hat. Das ist fast schon ein bisschen zu viel. Oder sollten wir zu langsam sein? (völ)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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