Teheran/Wien - Angesichts des wachsenden internationalen Drucks auf Teheran wegen geheim gehaltener nuklearer Arbeiten treten in der iranischen Führung nun offen Meinungsverschiedenheiten über die Kooperation mit den Inspektoren der Wiener Atombehörde zutage. "Die Unterzeichnung der Zusatzprotokolle ist unvermeidbar für das Land", erklärte der Vorsitzende der nationalen Energiekommission, Hossein Afarideh, der iranischen Nachrichtenagentur Irna. Der Iran werde gemäß seiner "nationalen Interessen" entscheiden, korrigierte ein Regierungssprecher am Montag die Aussagen Afaridehs.

Die Entscheidung, weitgehendere Kontrollen der Nuklearanlagen zuzulassen, hänge in letzter Instanz vom geistlichen Führer des Iran, Ali Khamenei, ab, sagte der Sprecher. Khamenei ist ein Gegner der Reformpolitik von Staatschef Mohammed Khatami. Der Chef der Energiekommission, Afarideh, warnte dagegen auch vor einem Rückzug des Iran aus dem Nichtverbreitungsvertrag nach dem Vorbild Nordkoreas, wie ihn einige Regierungsvertreter empfehlen würden. Ein solcher Schritt liefere den westlichen Ländern nur den Vorwand, weiter "haltlose Vorwürfe gegen die angebliche Undurchsichtigkeit des iranischen Nuklearprogramms zu wiederholen".

Neuer Bericht ElBaradeis

Zuvor hatte auch Irans Vertreter bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Wien, Ali Akbar Salehi, in einem Interview mit einer iranischen Zeitung der Regierung empfohlen, die "Zusatzprotokolle" zu unterzeichnen. Am 8. September wird IAEO-Direktor Mohamed ElBaradei einen weiteren Bericht zum Stand der Zusammenarbeit mit dem Iran vorlegen, von dem der Gang in den UN-Sicherheitsrat und eventuelle Sanktionen abhängen dürfte. Derzeit haben 80 Staaten die Zusatzprotokolle von 1997 zum Nichtverbreitungsvertrag unterzeichnet. (mab, AFP) (DER STANDARD, Printausgabe, 5.8.2003)