Von Lanvin bis Woodwood, von John Galliano bis Acne: Kaum ein Modelabel, ob High Fashion oder Streetwear, verzichtet diesen Herbst auf extravagante Hüte. Deshalb von einem "kolossalen Hutboom" zu sprechen, hält Klaus Mühlbauer, Chef der Wiener Hutmanufaktur Mühlbauer, zumindest für heimische Verhältnisse etwas übertrieben. Der 1903 gegründete Familienbetrieb wird bereits in der vierten Generation geführt. Da sieht man einiges kommen und gehen.

"Verglichen mit den 1960er-Jahren, wo fast jeder einen Hut besaß, sind Kopfbedeckungen noch immer nicht selbstverständlich", sagt Mühlbauer. Im Unterschied zu den 1990er-Jahren aber, als man Hüte nur auf den Köpfen von alten Leuten sah, herrscht seit den Nullerjahren eine deutliche Aufbruchsstimmung. Accessoires liegen im Trend, schließlich kann man mit ihnen relativ günstig erstandene Klamotten enorm aufwerten.

Breite Krempen

Diesen Herbst werden die Hüte wieder größer: Dominierte in den letzten Jahren sowohl bei Frauen als auch bei Männern der Trilby, der kleine Herrenhut mit schmaler Krempe, so dürfen mittlerweile nicht nur die Krempen wieder breiter werden. Bereits im Vorjahr präsentierte Fashion-Vorreiter Hedi Slimane schwarze Männerhüte, die an Pastoren denken ließen. In seiner Sommerkollektion für Yves Saint Laurent schickte er Frauen mit imposanten, breitkrempigen Hüten auf den Laufsteg.

Lanvin legt diesen Herbst Modelle vor, die an Gangster erinnern. Und das dänische Label Woodwood setzt in seiner Club-Kollektion auf einen Bowery-Hut. Zwischen Club und Alltag ist übrigens auch das Mühlbauer-Thema für diesen Herbst. Und weil es im Club ruhig auch ein bisschen schriller zugehen darf, gibt es Hüte in Gelb und Royalblau, einige sogar mit ausgeblichenen Stellen, die wie gebatikt wirken. Man kann im Winter aber ruhig noch ein bisschen dezenter bleiben, nächsten Sommer dominieren bei Hüten dann ohnehin Knallfarben.

Jehee Sheen

Der koreanische Designer Jehee Sheen, bekannt für seine minimalistische Männermode, legt eine besonders unheimliche Version eines breitkrempigen Huts, der zudem geschwungen ist, vor.

In Kombination mit schwarzen Lederhandschuhen sieht man darin wie ein exzentrischer Auftragskiller aus, über den man gerne einen Film von Quentin Tarantino sehenwürde.

Foto: Hersteller

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John Galliano

Bill Gaytten, Chefdesigner des Labels John Galliano, spielt in der aktuellen Herbst-Männerkollektion mit Größenverhältnissen: Riesige Schuhe und Hüte lassen die Models ganz klein aussehen. Inspiriert ist die Schau übrigens vom deutschen Kunstguru Joseph Beuys, den man nie ohne Kopfbedeckung sah.

Die Oversized-Hüte sind in Zusammenarbeit mit dem englischen Hutmacher Stephen Jones entstanden und wirken ziemlich theatralisch: Sie scheinen wie Ufos auf dem Kopf zu schweben.

Foto: AP/Jaques Brinon

Woodwood

Das dänische Label Woodwood hat sich von den Straßen von New York inspirieren lassen. Herausgekommen ist eine düster-elegante Linie, die an Batmans „Gotham City“ denken lässt. Neben Kappen, die noch immer im Trend liegen, ist auch ein Unisex-Bowery-Hut aus Wollfilz vertreten, der allerdings nur in einer Größe produziert wird.

Falls er zu groß ist, hilft ein Trick: Man verkleinert das Innenband mit ein paar Nadelstichen. Hüte sollten nämlich perfekt sitzen, vor allem wenn man damit in den Club radelt.

Foto: Hersteller

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Heisenberg Hut

Walter White ist der Protagonist der Serie "Breaking Bad", die vorführt, wie aus einem Chemielehrer ein Drogendealer wird. Ein Hut ist diesem Geschäft ebenso wie eine dunkle Brille nicht unbedingt modischen Überlegungen geschuldet, sondern dient der Tarnung.

Der amerikanische Huthersteller Goorin Bros. hat jüngst einen "Heisenberg Hat" produziert, also jenen Hut, den White in der Serie trägt. Die limitierte Auflage ist ausverkauft, wenn man Glück hat, findet man online noch eines der begehrten Stücke.

Foto: AP/Ursula Coyota

Mühlbauer

Eine echte Innovation ist diese schräge Mischung aus Hut und Haube. Der gestrickte untere Teil hält im Winter warm. An nicht ganz so kalten Tagen steckt man den Wollaufsatz einfach in den leicht oversized geschnittenen Hut, der dann noch mehr wirkt, als würde er schweben.

Aber auch die Kappen aus der Serie "Blanket" sind extra groß geschnitten und sollen mit möglichst wenig Hautberührung am Kopf sitzen, auch damit das Material nicht kratzen kann. Die superleichten Hüte sind nämlich aus Wollfleece.

Foto: Hersteller

Acne

Afrikanische Diktatoren würden diesen Hut des angesagten schwedischen Labels Acne Studios sicherlich lieben: Das Fell sieht nach gefährlichem Raubtier aus. Es handelt sich aber um bedrucktes Lammfell, das auch bei eisigen Temperaturen die Ohren schön warm hält.

Was unser Bild nicht verrät: Der ungewöhnliche und sehr auffallende Hut ist ein Unisex-Modell. Dazu passend gibt es einen Fellkragen, den man um den Hals legen kann – falls jemand "total looks“ mag. (Karin Cerny, Rondo, DER STANDARD, 11.10.2013)

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