Kishwar Desai: "Die Überlebende". Deutsch: Leon Mengden. Euro 9,30 / 280 Seiten. btb, München 2013

Foto: btb Buchcover

Die Situation der Frauen in Indien ist erst in den Fokus einer breiteren (westlichen) Öffentlichkeit geraten. Mordanschläge wegen zu geringer Mitgift, Gruppenvergewaltigungen durch Polizisten und die Nachsicht mit den Tätern, das wird von Kishwar Desai in ihrem ersten Krimi thematisiert. Die Autorin ist in Indien aufgewachsen, hat als Journalistin gearbeitet und lebt seit einigen Jahren in London. Sie erzählt von einem brutalen Verbrechen in Punjab. Eine Familie wurde ermordet, einzige Überlebende des Blutbades ist die 14-jährige Durga. Für die Justiz kommt nur sie als Täterin infrage. 

Simran Singh rollt den Fall auf

Man inhaftiert das Mädchen, das jegliche Kommunikation verweigert. Die Sozialarbeiterin Simran Singh rollt den Fall auf und beginnt mit Nachforschungen. Desais bestürzend aktueller Roman bietet Einblicke in eine Gesellschaftsstruktur, in der weibliche Nachkommen unerwünscht sind. Die Begüterten selektieren weibliche Embryonen in der Schwangerschaft aus. Das ist zwar verboten, aber bei der allgegenwärtigen Korruption kein Problem. 

Blick hinter die Kulissen

Simran versucht, alles über Durgas Familie zu erfahren, und weiß bald nicht mehr, wem sie trauen kann. Sie weiß nur, dass sie Durga helfen muss, die beschlossen hat, zu den Überlebenden zu gehören. Ein Krimi, der einen erschreckenden Blick hinter die exotischen Kulissen tut und gut geschrieben ist. (Ingeborg Sperl, DER STANDARD, 5.10.2013)