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Das LG G2 glänzt nicht zuletzt mit einem tollen Bildschirm, der praktisch die gesamte Front des Geräts einnimmt.

Foto: Gero Breloer / AP

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Die Knopfanordnung auf der Rückseite fällt definitiv in die Kategorie "Geschmackssache".

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Das G2 liefert hervorragende Fotos (Hinweis: Bild in Originalgröße verlinkt um einen detaillierten Blick zu erlauben)

Foto: Andreas Proschofsky / derStandard.at

Bei nächtlichen Lichtverhältnisse wird es natürlich schwieriger, vergleichsweise schlägt sich das G2 aber auch hier sehr gut. (Hinweis: Bild in Originalgröße verlinkt)

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In Fragen Software scheint LGs Motto zu sein: Alles und noch ein bisschen mehr. Besonders dramatisch wirkt sich dies auf den vollkommen überladenen Benachrichtigungsbereich aus.

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Viele Effekte umranken das User Interface.

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Die On-Screen-Buttons wurden gegenüber dem Original-Android modifiziert, mit der Auswirkung, dass manches, das eigentlich ins Interface der App gehört nun hier aufgerufen wird.

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Wem das noch nicht reicht, der darf sich auch ein eigenes Layout der On-Screen-Buttons aussuchen. Die Default-Wahl von Google ist allerdings nicht mit dabei.

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Auch sonst lässt sich das Aussehen in mannigfaltiger Weise anpassen.

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Ähnlich dezent ist Auswahl des Default-Klingeltons geworden, für den man auf die Wiener Sängerknaben zurückgreift.

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Selbst ohne jegliche Schummeleien liefert das G2 absolute Topwerte in den Benchmarks.

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Die Frage, wo die Grenzen der Kategorisierung eines Geräts als Smartphone endet, und wo die Sparte jener so unschön benannten "Phablets" beginnt, ist nicht eindeutig zu beantworten. Eben diese Grenze will nun offenbar LG ausloten: Mit dem G2 liefert der südkoreanische Hersteller ein Gerät, das ausdrücklich als Smartphone verstanden werden soll, obwohl es mit einen 5,2-Zoll großen Bildschirm ausgestattet ist.

Direkte Vergleiche

Dass LG mit seiner Einordnung nicht ganz Unrecht hat, offenbart sich bereits beim Auspacken: Mit Abmessungen von 138,5mm x 70,9mm x 9,1mm ist es rein optisch kaum größer als andere aktuelle Smartphones wie das Galaxy S4 oder das HTC One. Auch im Vergleich zum direkten Vorgänger – dem Optimus G – hält sich der Unterschied in engen Grenzen. Vor allem bei der für die Handhaltung besonders wichtigen Breite ist kaum etwas dazugekommen. Möglich wird dies durch eine neue Display-Fertigungstechnik, die besonders schmale Randbereiche erlaubt.

Verarbeitung

Doch zurück zu den äußeren Eindrücken: Die Verarbeitung ist gut, wenn auch nicht herausragend, so lässt sich etwa mit dem Fingernagel durchaus zwischen Display und Rahmen fahren – hier wird sich wohl mit der Zeit Dreck ansammeln. Die Rückseite bringt eine Rückkehr zu Kunststoff, der Vorgänger hatte noch mit Glas geprotzt. Offenbar sind dann doch ein paar zu viele Geräte zum Reparaturfall geworden. Prinzipiell liegt das G2 ganz gut in der Hand, was aber weniger gefällt, ist, dass die Oberfläche sehr glatt und somit rutschig ist.

Die Knopfanordnung

Unübersehbar ist eines der von LG am stärksten beworbenen Merkmale des G2: Im groben Unterschied zu anderen Smartphones sind an der Seite keinerlei Knöpfe zu finden. Lautstärke sowie der Ein/Aus-Schalter sind auf die Rückseite gewandert. LG argumentiert, dass diese Positionierung natürlicher ist, da bei normaler Handhaltung der Zeigefinger ohnehin in der Mitte des Geräts residiert. Der Autor schließt aus dieser Bemerkung, dass er eine abnormale Handhaltung hat, auch nach mehreren Tagen Nutzung will sich der Gewöhnungsfaktor einfach nicht einstellen.

Theorie trifft Praxis

Prinzipiell ist der Mut, Neues auszuprobieren, zu begrüßen, in diesem Fall wirkt es allerdings nach einem klassischen Fall von Theorie/Praxis-Schere. Es mag sein, dass diese Anordnung in Laborsituationen gut abschneidet, in der Realität ist sie aber so ungewohnt, dass sie für viele KonsumentInnen von vornherein abschreckend wirken dürfte. Dazu kommt, dass die konkrete Implementation dieser Idee auch alles andere als optimal gelungen ist. Ein Beispiel: Die Lautstärkeknöpfe sind rund um den Ein/Ausschaltknopf platziert, was wiederum dazu führt, dass bei der Anpassung der Lautstärke schnell mal unabsichtlich auch der Bildschirm gesperrt wird. Ihr übriges tut die erwähnt glatte Oberfläche des Geräts in Kombination mit dessen Größe, die dazu führt, dass der Griff beim Betätigen der Knöpfe alles andere als sicher ist – also akute Rutschgefahr besteht.

Knock, Knock

Zumindest hat sich LG etwas einfallen lassen (beziehungsweise gekonnt von Nokias N9 abgeschaut), um zu verhindern, dass die Knöpfe all zu oft benutzt werden müssen. Ein Doppel-Touch auf den Bildschirm weckt das Gerät auf, am Homescreen durchgeführt zeigt sich der umgekehrte Effekt. Wirklich nützlich, leider muss aber auch gesagt werden, dass dies nur begrenzt zuverlässig funktioniert.

Innere Werte

Deutlich besser sieht das Verdikt über die inneren Werte des G2 aus, hier hat LG wirklich ganze Arbeit geleistet. So liefert etwa der 5,2-Zoll-Bildschirm mit seiner Auflösung von 1.920 x 1.080 Pixel (423 PPI) ein hervorragendes Bild, auch an der Farbdarstellung des IPS-Displays gibt es nichts auszusetzen.

Viel Power

Die Snapdragon-800-CPU von Qualcomm sorgt wiederum für die nötige Performance. Die vier mit maximal 2,26 GHz getakteten Krait-400-Kerne und die beigestellte Adreno-330-GPU erzielen Bestwerte in praktisch allen Benchmarks – selbst ohne irgendwelche Schummeleien. Dies schlägt sich auch in einer wieselflinken Alltagsperformance nieder. Freilich gilt dies für die meisten aktuellen Top-Android-Smartphones, auch wenn natürlich die Zukunftssicherheit in Fragen anspruchsvollerer Spiele ein nettes Plus ist. Dem Prozessor sind 2 GB RAM zur Seite gestellt, der lokale Speicherplatz beträgt je nach Ausführung 16 bzw. 32 GB, er kann nicht erweitert werden.

Kamera

Ein weiterer Pluspunkt des LG G2 ist die Kamera, die für ein Smartphone wirklich sehr gute Aufnahmen liefert. Vor allem die optische Bildstabilisierung (OIS) leistet hervorragende Dienste, was so manches sonst verwackelt gewordene Foto rettet. Spezifiziert ist die Auflösung der G2-Kamera mit 13 Megapixel, Videos können in 1080p mit maximal 60 Blldern pro Sekunde aufgenommen werden. Die zugehörige Software bietet unzählige Optionen – was wie gewohnt Vor- und Nachteile haben kann. So gibt es ähnlich wie bei Samsung einen Dual-Camera-Modus in dem Fotos aus Vorder- und Rückseitenkamera kombiniert werden können.

Musikalisch

Besonders stolz ist LG auch auf die Musikqualitäten des G2, kann es doch 24-Bit / 192 kHz Sound wiedergeben. Die Klangqualität ist denn auch klar überdurchschnittlich, was übrigens nicht nur für Kopfhörerwiedergabe sondern auch die Lautsprecher gilt. Ebenfalls nicht fehlen darf ein "IR Blaster", mit dem das G2 zur Universalfernbedienung wird. In Fragen Konnektivität gibt es Dual-Band WLAN 802.11 a/b/g/n/ac sowie LTE-Unterstützung.

Überraschend starker Akku

Das wirkliche Highlight des G2 ist eines, dass der Hersteller überraschenderweise kaum bewirbt: Die Akku-Laufzeit des Smartphones ist herausragend und liegt signifikant über dem, was andere Android-Smartphones zu bieten haben. So kommt man selbst bei sehr intensiver Nutzung locker durch den Tag, bei mittlerer sicher über zwei, bei schwacher geht es in die Richtung fünf Tage. Diesen subjektiven Eindruck belegt auch ein ausführlicher Testlauf von Anandtech, in dem das G2 in Hinblick auf den Akku überall Bestnoten absahnt, und dabei selbst ganz auf lange Laufzeit optimierte Geräte hinter sich lässt. So ist es das denn auch das erste Smartphone, das beinahe 24 Stunden reine Sprechzeit liefern kann.

Spurensuche

Warum dem so ist, erschließt sich aus den Spezifikation nicht sofort. Zwar fällt der Akku mit 3.000 mAh sehr groß aus, andererseits hat er natürlich auch einen 5,2-Zoll-Bildschirm zu versorgen. Ausschlaggebendes Merkmal könnte hier die Snapdragon-800-CPU sein, die offenbar deutlich sparsamer als seine Vorgänger zu Werke geht. Aber es gibt noch eine zweite clevere Idee beim G2: Der Bildschirm hat seinen eigenen Speicher, sodass statische Bildschirminhalte nicht immer wieder von der CPU neu gezeichnet werden müssen. Laut LG soll dies 10 Prozent zusätzliche Akkulaufzeit bringen.

Schnell wieder da

Ebenfalls nicht zu unterschätzen ist die Bedeutung der Akkuladezeit, und auch hier gibt sich LG keine Blößen: In 2:20 Stunden war das G2 im Test vollständig aufgeladen. Da lässt es sich dann auch leichter verschmerzen, dass der Akku des Geräts nicht tauschbar ist.

Software

So viel zum Positiven, jetzt kommt nämlich die Software an die Reihe. LGs Android-Variante ist von einem Motto gekennzeichnet: "Zu viel – und zwar von allem". Im offensichtlichen Bestreben jeden auch noch so kleinen Einzelwunsch zu erfüllen, hat man eine Oberfläche kreiert, die dermaßen dick aufgetragen und aufdringlich ist, dass selbst Samsungs Touchwiz noch vergleichsweise vernünftig wirkt.

Wo sind eigentlich die Benachrichtigungen

Kaum ein Punkt offenbart dies so gut wie der Benachrichtigungsbereich – der diesen Namen eigentlich gar nicht mehr verdient. Wer diesen beim G2 öffnet, wird mit einer Kaskade aus scheinbar wahllos zusammengewürfelten Interface-Elementen präsentiert. Da gibt es zunächst eine Reihe an Schnelleinstellungen, die den diesbezüglich Zweck unterwandern, indem hier so gut wie alles (de-)aktiviert werden kann, was man sich vorstellen kann. Warum irgendjemand das dringende Bedürfnis haben sollte, etwa die Benachrichtigungs-LED oder den Miracast-Support regelmäßig ein- und ausschalten zu wollen, bleibt ein Rätsel. Angesichts der Fülle von Optionen kann diese Zeile natürlich auch horizontal gescrollt werden.

QSlide

Darunter folgt dann eine Reihe mit Shortcuts zur Öffnung ausgewählter Apps im QSlide-Modus, bei dem mehrere Fenster nebeneinander dargestellt werden können, wie man es von einem klassischen Desktop gewohnt ist. Eine durchaus interessante Zusatzfunktion, wozu die Shortcutzeile an dieser Stelle platziert wurde, ist aber ein Rätsel. Zumindest dieses eine Element lässt sie sich aber nachträglich deaktivieren.

Reste

Es folgen noch ein Schieberegler für die Bildschirmhelligkeit sowie einer für die Lautstärke. Damit wären in der Default-Einstellung bereits an die zwei Drittel der gesamten Bildschirmhöhe verbraucht – und erst jetzt beginnt der eigentliche Benachrichtigungsbereich. Dadurch bleibt im Normalfall gerade noch Platz für eine einzige Benachrichtigung, was das Konzept eines Benachrichtigungsbereichs eigentlich ziemlich ad absurdum führt.

Workflow, gebrochen

Dazu kommt, dass LG im offensichtlichen Bestreben "hilfreich" zu sein, eine Fülle von zusätzlichen Dialogen eingeführt hat, die den Workflow in Wirklichkeit aber massiv stören. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Galerie: Wie bei der offiziellen Android-Galerie ist es auch hier möglich, Bilder in der Übersicht rasch per Swipe-Geste zu löschen. Dies ist vor allem für das rasche Aussortieren gerade getätigter Bilder äußerst nützlich. Doch wo Google mit einer dezent angezeigten Undo-Funktion das Rückgängigmachen unabsichtlicher Löschungen ermöglicht, unterbricht LG den Ablauf ernsthaft mit einer Dialogbox. Die Entfernung muss also manuell bestätigt werden – und zwar für jedes einzelne Foto aufs Neue. Ein Idee, die dem eigentlichen Konzept zu hundert Prozent zuwiderläuft.

Navigation

An sich positiv zu bewerten ist, dass das G2 jetzt On-Screen-Navigation bietet, also keine eigenen Hardwareknöpfe mehr nutzt. Aber auch hier konnte man sich nicht ersparen die Anordnung zu ändern. Statt dem Task Switcher gibt es nun einen klassischen Menüknopf, von dessen Nutzung Google allerdings bereits seit geraumer Zeit abrät. Die Konsequenz: All jene zusätzlichen Funktionen, die sonst im "Overflow"-Knopf bei den Apps selbst dargestellt werden, sind nun über den Menüknopf zu erreichen. Ob es solch zusätzliche Einträge überhaupt gibt, erfahren die NutzerInnen also nur, in dem sie auf gut Glück den Knopf ausprobieren. Zudem wird damit ein Teil der Funktionalität scheinbar zufällig aus dem Kontext der Anwendung gerissen.

Schriften

Die Anpassungen gehen so weit, dass selbst die Systemschrift ausgewechselt wurde, was etwa dazu führt, dass im Play Store als kursiv vorgesehene Passagen nicht mehr also solche dargestellt werden. Zudem wirkt das Font Rendering von LG an einigen Stellen ziemlich verschwommen. Und natürlich gibt es für so ziemlich alles irgendeine Form von Animation, selbst das Anstecken des Stromsteckers wird visualisiert. Da passt dann dazu, dass die Wiener Sängerknaben den Default-Klingelton liefern dürfen. Das lässt sich natürlich leicht ändern, und doch signalisiert es ganz gut die Herangehensweise von LG. Viel dicker aufgetragen geht eigentlich nicht mehr.

Slide Aside

In die Kategorie "interessante Idee, aber nicht ganz ausgereift" fällt das von LG stark beworbene "Slide Aside", mit dem einzelne Apps fix im Speicher behalten werden können, indem sie mit einer Geste zur Seite geschoben werden. Leider kollidiert dies schnell mal mit jenen Apps, die eigene, seitliche Gesten implementiert haben. Auch ist die Frage, ob solch eine Funktion bei einem lokalen Speicher von 2 GB sowie flinken Startzeiten der Apps wirklich nötig ist. Immerhin bietet der Android-eigene Taskswitcher konzeptionell ähnliches, und zwar automatisch und ohne Apps extra auswählen zu müssen.

Gastmodus

Sehr nützlich ist dafür der "Gastmodus", eine Art abgespeckter Multi-User-Support. Die NutzerInnen können dabei festlegen, auf welche Apps andere – etwa Kinder oder Bekannte – zugreifen können, wenn man das Smartphone weitergibt. Nicht perfekt, aber definitiv besser als das eigene Smartphone samt all der darauf gespeicherten, privaten Daten einfach so in die Hände anderer zu geben.

Viele Apps

Natürlich gibt es auch eine Reihe von LG-spezifischen Apps. Der G2-Hersteller scheint dabei praktisch alles mitliefern zu wollen, was irgendwann mal gebraucht werden könnte – vom Notizblock bis zu Apps mit dem schönen Namen "Zell-info". Wie auch bei anderen Hersteller gibt es hier leider wieder zahlreiche Duplikate, beispielsweise zwei Browser – einen von LG angepassten Android Browser sowie Google Chrome. Noch fraglicher ist diese Zweispurigkeit beim Voice Mate, LGs Sprachassistenten, der allerdings bei weitem nicht mit Google Now / Voice Search mithalten kann – das ebenfalls mit an Bord ist.

Fazit

In Summe hinterlässt das LG G2 einen ziemlich gemischten Eindruck. Einerseits ist die Hardware wirklich hervorragend, die zum Teil grob misslungenen Android-Anpassungen von LG machen diese Pluspunkte aber weitgehend zunichte. Natürlich ist es möglich einen anderen Launcher oder Drittapps auf das Gerät zu packen, um so manches diesbezügliche Defizit zu beheben, aber eben längst nicht jedes. Unter diesem Gesichtspunkt ist es schwer, eine Empfehlung für das G2 abzugeben, und das ist angesichts der Hardwarestärken eigentlich eine echte Schande. Im Endeffekt bleiben vor allem die lange Laufzeit und der große Bildschirm als entscheidende Vorteile. Ob das reicht, um über die Softwaredefizite hinwegzusehen, müssen die KonsumentInnen natürlich nach ihren individuellen Bedürfnissen selbst entscheiden. Und wegen der Knopfanordnung empfiehlt sich ohnehin, das Gerät einmal vorab in einem Laden selbst auszuprobieren.

Verfügbarkeit

Das LG G2 ist in Österreich bei A1 (in schwarz) und 3 (in weiß) erhältlich, dies je nach damit verbundenem Vertrag ab null Euro. Wer es lieber frei erwerben will, muss derzeit bei den Händlern knapp 490 Euro für die Ausführung mit 16 GB lokalem Speicherplatz berappen. (Andreas Proschofsky, derStandard.at, 20.10.13)