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Drei Jahre unbedingte Haft für Richard Steiner: Chef einer kriminellen Vereinigung sei er gewesen, sagt das Gericht. Der "Mafia"- orwurf hält dagegen nicht.

Foto: APA/GEORG HOCHMUTH

Wien - Eines kann man Stefan Erdei, dem Vorsitzenden des Schöffengerichtes im Mafia-Prozess gegen Richard Steiner und fünf Mitangeklagte, nicht vorwerfen: dass er mit dem angeblichen "Gürtel-Boss" kurzen Prozess macht. 31 Verhandlungstage lang wurden Angeklagte und Zeugen befragt und Akten gewälzt. Und mehr als fünf Stunden lang dauert am Dienstag die Beratung, ehe die Urteile gesprochen werden.

Dafür erntet Erdei auch Lob. "Ich möchte mich für das absolut faire Verfahren bedanken, seit Marc Aurel hat es das nicht mehr gegeben. Der hat nämlich auch Recht gesprochen", referiert der 42-jährige Erstangeklagte Steiner in seinem Schlusswort. "Von dem habe ich es aber nicht gelernt", merkt Erdei launig zum Vergleich mit dem römischen Philosophenkaiser an.

Differenziert sind die Urteile jedenfalls. Denn eine "kriminelle Organisation", wie Staatsanwältin Susanne Kerbl-Cortella dem Sextett vorgeworfen haben, sind sie nicht. Sehr wohl dagegen eine "kriminelle Vereinigung" - das aber primär wegen betrügerischer Krida und diverser Sachbeschädigungen bei Konkurrenten.

Keine Schutzgelderpressung

Dass Steiner und seine Untergebenen Schutzgeld von den Wirten der Wiener Rotlichtlokale erpresst haben, stimme nicht, zeigt sich Erdei in der Urteilsbegründung überzeugt. "Man kennt das sonst aus Mafiakrimis - jemand kommt und weist darauf hin, dass man zahlen solle, sonst passiert etwas." Das sei noch denkbar. Auch, dass Fixbeträge gezahlt wurden und die Erpressten zum Erpresser ins Lokal kommen - "Marlon Brando hat dafür einen Oscar bekommen".

Aber: Die Hauptbelastungszeugen hält Erdei für, gelinde gesagt, unglaubwürdig. Ihn überzeugt die Version der Angeklagten, dass es sich um freiwillig gezahlte Gelder gehandelt habe, für die die Unternehmer einen mobilen Security-Dienst erhielten. Der von den beiden Mitangeklagten Peter "Langer Peter" A. und Dusko "Rocky" R. angeführt wurde - die kamen, wenn es Probleme mit Gästen gab. Auch bei der umfangreichen Verwanzung des Büros und in abgehörten Telefonaten habe es keine Beweise für handfeste Drohungen und Erpressung gegeben.

Schuldig gesprochen werden dennoch fünf der sechs Männer, und zwar wegen der Bildung einer kriminellen Vereinigung. Einerseits, weil in den Lokalen Steuern und Abgaben hinterzogen und Gläubiger geschädigt wurden,

Körperverletzung

andererseits gibt es einige Strafen für Körperverletzung und Sachbeschädigungen. Denn zwei Buttersäureanschläge auf unliebsame Mitbewerber soll Steiner in Auftrag gegeben oder gebilligt und seine Handlanger ausgeführt haben. Und das, obwohl Steiner zu diesem Zeitpunkt bereits in der Dominikanischen Republik hauste und nur noch "als Berater" tätig war, wie er es am Montag ausgedrückt hatte.

Das nicht rechtskräftige Urteil für Steiner: drei Jahre unbedingte Haft. Ins Gefängnis muss er aber nicht. Denn er saß bereits die maximal möglichen zwei Jahre in Untersuchungshaft. Erdei entlässt Steiner daher, da er zwei Drittel der Strafe schon verbüßt hat, auf Bewährung. Die Übrigen fassen ebenfalls nicht rechtskräftig bedingte und teilbedingte Strafen aus, Letztere sind durch die lange Untersuchungshaft aber ebenso schon erledigt.

Für Andreas B. gibt es dagegen ein Happy-End. Im Schlussplädoyer hatte sein Verteidiger Robert Lattermann noch die lange Verfahrensdauer angeprangert. 19 Monate und sechs Tage sei sein Klient in Untersuchungshaft gesessen. Das sei von Haus aus nicht schön, appelliert er an die beiden Laienrichter. Doch B. sei wegen der möglichen Verabredungsgefahr mit Komplizen die ganze Zeit sogar in Einzelhaft gewesen. Er will daher auch einen Freispruch, um Haftentschädigung für den Oberösterreicher zu bekommen. "Damit er irgendwo seine Füße in den Sand stecken und einen Strich unter sein Wien-Abenteuer ziehen kann." Die Chance besteht: Für B. gibt es den Freispruch.

(Michael Möseneder, DER STANDARD, 2.10.2013)