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Backcheck: Auffälligkeiten, Anekdoten und Analysen aus der EBEL. Jeden Dienstag.

Wenige Punkte und viele Gegentore kennzeichnen die ersten Wochen des EC Salzburg in der neuen Saison der Erste Bank Eishockey Liga. Es wird wohl noch einige Runden brauchen, ehe die Mannschaft und ihr seit Sommer neuer Trainer eine zum Erfolg führende Rezeptur ausgetüftelt haben. In Wien hat man diese in Form einer Priorisierung der Defensive längst gefunden, wie Villach und Linz schielt man in Richtung Tabellenspitze. Backcheck – der allwöchentliche Blick auf das Geschehen am Eis.

Bullen kündigen ersten Vertrag

Mit den Worten "Er hat das Zeug dazu, uns zu überraschen" kommentierte Salzburg-Trainer Don Jackson Anfang August die Verpflichtung von US-Stürmer Mitch Wahl. Gelungen dürfte ihm das nicht sein, am Montag zog der Klub die Option, den Vertrag des 23-Jährigen per Monatsende aufzulösen. Wahl, in der European Trophy noch bester Torschütze seines Teams, ist damit das erste personelle Opfer, das der schwache Saisonstart der Bullen fordert. Fünf Niederlagen in sieben Spielen und mit 4,4 pro Partie die zweitmeisten Gegentore aller Teams sind Indikatoren dafür, wie viel Arbeit an der Salzach noch vor Spielern und Trainern liegt.

Nervosität oder Panik sind nicht angebracht, schlechte Ergebnisse in den ersten Monaten eines Spieljahres stehen der Möglichkeit, letztlich eine erfolgreiche Saison zu spielen, nicht im Wege. Im bevorstehenden und sehr intensiven Oktober, in dem Salzburg zwölf Spiele bestreiten wird, stehen daher nicht die Resultate im Vordergrund, vielmehr geht es bei den Bullen darum, die noch sehr große Diskrepanz zwischen theoretischem Konzept und praktischer Umsetzung zu verkleinern.

Kaum offensive Durchschlagskraft

Größtes Manko im bisherigen Saisonverlauf ist Salzburgs fehlendes Durchsetzungsvermögen an beiden Enden des Rinks. Das spiegelt sich vor allem in einer katastrophalen Bilanz in Situationen bei gleicher Spieleranzahl am Eis wider: Im Fünf-gegen-fünf (bzw. Vier-gegen-vier) halten die Bullen nach sieben Partien bei einer Tordifferenz von -11, was dem schwächsten Wert aller Klubs entspricht. Als besonders mager erwies sich dabei die offensive Ausbeute: Salzburg braucht derzeit 35:31 Minuten bei Even Strength, um einen Treffer zu erzielen – ebenso der deutlich schwächste Wert in der Liga, wie diese grafische Darstellung zeigt:

Unterzahl kein Nachteil

Die spiegelverkehrte Bilanz Salzburgs – fünf Siege und zwei Niederlagen – weist der aktuelle Tabellenzweite aus Villach auf. Trotz erheblicher Verletzungssorgen startete der VSV wie schon im Vorjahr gut ins neue Spieljahr und bot mit Ausnahme des Spiels in Znojmo ansehnliche Vorstellungen. Neben dem überragenden Offensivduo Derek Ryan und John Hughes, die gemeinsam im Schnitt 4,6 Scorerpunkte pro Spiel sammeln, trägt vor allem das kompakte Unterzahlspiel zum momentanen Höhenflug der Adler bei.

Bei numerischer Unterlegenheit hat Villach bisher weniger Gegentreffer kassiert als bei eigener Überzahl, im Schnitt benötigen die Gegner 24:30 Powerplay-Minuten, um ein Tor zu erzielen. Verglichen mit dem Vorjahreswert (10:19 Minuten) eine massive Verbesserung.

Unscheinbare dritte Linie

Weniger Niederlagen als der VSV hatten bisher nur die Black Wings Linz zu verzeichnen, die am Dienstagabend mit einem Sieg beim an- und abgeschlagenen Tabellenletzten Ljubljana auf Rang eins klettern könnten. Eher still und heimlich hamsterte der Meister des Jahres 2012 bisher zehn von zwölf möglichen Punkten zusammen und etabliert sich damit – anders als in der letzten Spielzeit – von Beginn an im Spitzenfeld der EBEL.

Die Oberösterreicher, vom exzellenten Trainer Rob Daum toll organisiert, sind, gerade weil sie vor Saisonbeginn nicht dem engsten Favoritenkreis zugeordnet wurden, das Dark Horse der laufenden Spielzeit. Über dem Torhüterspiel und der nur beschränkt variablen Abwehr stehen auf lange Sicht kleine Fragezeichen, die qualitativ hochstehende Besetzung der beiden Scoringlines macht Linz aber zu einem äußerst gefährlichen Außenseiter im Titelkampf. Spielerisch gibt es trotz der fünf Siege in sechs Spielen noch Luft nach oben, speziell bei der dritten Linie mit den beiden Nationalspielern Daniel Oberkofler und Gregor Baumgartner, die kaum offensive Akzente setzen konnte und noch ohne Saisontor dasteht.

Wie(n) im Vorjahr

Eine eher entspannte Woche haben die Vienna Capitals hinter sich. In ihrem einzigen Spiel feierten sie einen problemlosen 5:0-Heimsieg über Innsbruck, bei dem Goalie Matt Zaba mit seinem siebenten EBEL-Shutout den Vereinsrekord von Jean-François Labbé einstellte. Zwar nahmen die Wiener im Sommer einige personelle Veränderungen vor, an ihrer Spielanlage hat sich jedoch wenig verändert: Die Capitals bleiben das defensivstärkste Team der Liga und sind im Spiel bei numerischem Gleichstand am Eis nur sehr schwer zu verwunden, im Schnitt kassieren sie bei Even Strength nur alle 41 Minuten ein Gegentor.

Zusätzlich verstärken wird die Abwehr die für diese Woche zu erwartende Rückkehr des verletzten Mark Matheson, die das Trainerteam allerdings gleichzeitig auch vor eine besondere Herausforderung stellen wird, stehen dann doch acht Verteidiger zur Auswahl – eine im Eishockey unüblich große Anzahl. Es ist davon auszugehen, dass Wien eine Rotation von sieben Defendern praktizieren wird, was dem Wechselrhythmus der Akteure während eines Spiels jedoch wenig zuträglich ist.

Bis zum Ende der ligaweiten Try-out-Phase am 18. November haben die Capitals gleich 17 Spiele zu bestreiten, die auch vom internen Wettstreit geprägt sein werden. Denn: Sind alle Spieler fit, überschreitet der Kader des Vizemeisters die 60-Punkte-Grenze und muss spätestens Mitte November beschnitten werden.

Glückliches Händchen am Transfermarkt

Ein Team weit unter dem Punktelimit hat sich Székesfehérvár zusammengestellt. Aus dem höchst erfolgreichen EBYSL-Team wurden einige Talente in die Kampfmannschaft integriert, nur sechs Legionäre stehen unter Vertrag. In der Abwehr räumt Travis Gawryletz vor dem eigenen Tor auf, während sich Stanley-Cup-Sieger Ric Jackman sehr erfolgreich um den Spielaufbau kümmert.

Gute Neuverpflichtungen konnte man in Ungarn auch für den Angriff tätigen, wo Haudegen Frank Banham als einziger aus dem Vorjahr verbliebener Import durch das Trio Adam Naglich, Andrew Sarauer und Colton Yellow Horn ergänzt wird. Alle vier punkten konstant und konnten jeweils in fünf von sechs Saisonspielen Zähler für sich verbuchen. (Hannes Biedermann, derStandard.at, 1.10.2013)