Gegenstück zur Piaf: Maria Bill als Florence Foster Jenkins mit Till Firit als Pianist Cosmé McMoon.

Foto: Lalo Jodlbauer

Wien - Die Idee, das Wiener Volkstheater könnte vom Anspruch her mehr sein als die Kammerspiele, hat Michael Schottenberg, der scheidende Direktor, aufgegeben. Früher einmal hätte er am Abend einer Nationalratswahl wohl ein Stück mit politischer Brisanz zur Aufführung gebracht; heuer hingegen setzte er eine erschreckend harmlose Komödie an.

In Glorious! erzählt der britische Dramatiker Peter Quilter die letzten Monate im Leben der exaltierten Witwe Florence Foster Jenkins nach, die sich zur Opernsängerin berufen fühlte, obwohl sie nur "wie ein besoffener Kuckuck" singen konnte. Sie wurde gnadenlos ausgebuht und verhöhnt; ihr Konzert am 25. Oktober 1944 in der ausverkauften Carnegie Hall war dennoch ein Triumph. Wenig später starb sie mit 76 Jahren.

Quilter hält sich über weite Strecken an die Fakten, es gibt sogar so etwas wie eine Botschaft: Lebe deinen Traum! Allerdings, und das hätte Schottenberg zu denken geben sollen: Die Diva hatte genügend Geld geerbt, um sich die Menschen und deren Meinung kaufen zu können. Dem Pianisten Cosmé McMoon zum Beispiel bot sie gleich "das Dreifache" an.

Hinzu kommt, dass Schottenberg der Komödie misstraut: Statt die sehr wohl vorhandenen Pointen mit britischer Trockenheit servieren zu lassen, verlangt er grellen, schmerzlichen Klamauk. Inge Maux darf als beste Freundin Dorothy immer nur blöd dreinschauen; und Ronald Kuste gibt als eher tragische Figur St. Clair Bayfield einen grenzdebilen Alkoholiker mit Dauergrinsen. Einzig Till Firit verweigert die Schmiere: Er lässt die nüchternen Kommentare seines akkuraten Cosmé (darunter "Das Publikum wird außer sich sein") sehr schön zweideutig.

Im Mittelpunkt steht natürlich Maria Bill. Sie legt die Rolle der alten Dame großtantenhaft mit hatschendem Gang an. Aber sie singt und giekst die Arien zumindest grandios falsch. Ob Florence Foster Jenkins allerdings wirklich Adeles Mein Herr Marquis aus der Fledermaus intoniert hat? (Thomas Trenkler, DER STANDARD, 1.10.2013)