Das rechte Lager in Österreich wächst. Rechnet man die Stimmen von FPÖ, Team Stronach und dem BZÖ zusammen, hat ein knappes Drittel der Österreicherinnen und Österreicher für eine rechtspopulistische Partei gestimmt. Das ist in Europa einzigartig. Nimmt man 1999 als Maßstab, als Jörg Haider mit der FPÖ seinen bisher größten Wahltriumph mit 26,95 Prozent feierte, so ist das ein signifikanter Zuwachs - verteilt auf verschiedene Parteien.

Der Populismus fällt in Österreich auf fruchtbaren Boden. Die FPÖ hat sich nach der Parteispaltung 2005 und dem Rückzug Jörg Haiders stabilisiert und kann sich auf eine solide Stammklientel verlassen. Dazu kommen weiterhin Protestwähler, die zwar diesmal mit dem Team Stronach eine Alternative hatten. Da sich Frank Stronach in den TV-Duellen selbst demontiert hat, wechselten in den vergangenen Wochen potenzielle Wähler wieder zurück zu den Freiheitlichen.

Das BZÖ kann, da Jörg Haider als politischer Gottseibeiuns nicht mehr taugt, mit dem Alleinkämpfer Josef Bucher nicht reüssieren. Dabei hatte Bucher, im Gegensatz zu Stronach, die TV-Präsenz genützt.

Das Abschneiden der Neos zeigt, dass eine liberale Partei doch Potenzial hat. Ob das Pflänzchen Neos wächst und Wurzeln fasst, werden erst die Europawahlen im nächsten Frühjahr zeigen. Das Antreten dieser politischen Gruppierung, die sich aus dem LIF, ebenfalls einer FPÖ-Abspaltung, und vielen jungen, engagierten bisherigen ÖVP-Anhängern zusammensetzt, hat die ÖVP Stimmen gekostet.

Der Absturz der Volkspartei ist vor allem auf den Wahlkampf von Michael Spindelegger zurückzuführen. Er hat sich in die Hände eines deutschen Wahlkampfteams und von Beratern begeben, die ihm nicht gerade kluge Plakate und einen latent aggressiven Stil einredeten. Die ÖVP hatte keine klare Linie.

Ein Debakel ist Spindelegger erspart geblieben: Der Abstand zur SPÖ ist etwa gleich geblieben, die ÖVP hat den zweiten Platz gehalten. Ob Spindelegger Parteichef und in der Regierung bleibt, dürfte auch von Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll abhängen. Pröll könnte Spindelegger im Bund brauchen, bis er selbst für die Bundespräsidentenwahl 2016 kandidiert.

Die ÖVP wird in der Regierung bleiben. Auch so wird der offene Kampf, jeder gegen jeden, ausbrechen - gemeint sind die Bünde, die in dem heterogenen Gebilde, das sich ÖVP nennt, das Sagen haben. Vom Ausgang hängt auch ab, wer dann in der Regierung sitzt. Der von Spindelegger und Innenministerin Johanna Mikl-Leitner repräsentierte ÖAAB wird Macht abgeben müssen, der Wirtschaftsbund rund um Reinhold Mitterlehner wird an Bedeutung zunehmen, der Bauernbund in der Versenkung bleiben.

Die SPÖ hatte Glück, dass im linken Lager nicht so viel politische Konkurrenz herrschte. Der Wandel konnte sich nicht etablieren, die KPÖ bleibt ein lokales Phänomen. Die SPÖ hat einen stringenten, wenn auch glanzlosen Wahlkampf geführt - der zu ihrem Spitzenkandidaten passte.

SPÖ und ÖVP sind, weil es sich von den Mandaten her für eine Regierungsbildung ausgeht, mit einem blauen Auge davongekommen. Die Koalition, die man sich schon gar nicht mehr große zu nennen traut, sollte nach diesem Denkzettel in der nächsten Legislaturperiode endlich daran gehen, mit ihrer Arbeit dem Populismus den Nährboden zu entziehen. (Alexandra Föderl-Schmid, DER STANDARD, 30.9.2013)