Bild nicht mehr verfügbar.

Die Nationalratswahl ändert auch die Zusammensetzung des Stiftungsrates: Neos und Team Stronach schaffen es in das wichtigste ORF-Gremium.

Foto: AP/Punz

Zum Vergleich: die aktuelle Zusammensetzung in der Grafik. Wie ORF-Aufsichtsorgane heute zustandekommen - und welche Räte 2014 fehlen.

Grafik: STANDARD

Die Nationalratswahl ändert die Besetzung des wichtigsten ORF-Gremiums - dieser Stiftungsrat bestimmt ORF-Management, Budgets, Programmschemata und wichtige Investitionen. Im März 2014 läuft die Funktionsperiode des Stiftungsrats und des Publikumsrats aus.

Die nächste Regierungsmehrheit könnte bis dahin die Gremien in Österreichs weitaus größtem Medienunternehmen mit einer Gesetzesnovelle ändern - kolportiert wurde zuletzt ein rot-schwarzes Modell mit fünf roten, fünf schwarzen Stiftungsräten und fünf Betriebsräten, die den General nicht mehr gleichwertig mitbestimmen. Die nächste Regierungsmehrheit könnte die heutigen Gremien auch bis zu einer Reform einfach länger arbeiten lassen. Oder doch nach bisherigem Modus neu bestellen (lassen). Nach den Wahlen mit einigen Änderungen.

Ein erster Überblick, soweit absehbar: Neos und Stronach kommen in den Stiftungrat, der Abstand von SPÖ und ÖVP dürfte sich verkleinern.

Sechs Partei-Stiftungsräte

Sechs von 35 Stiftungsräten vertreten im bisherigen Modell Parteien im Hauptausschuss des Nationalrats, also Parteien mit Klubstärke. Derzeit je ein Vertreter von BZÖ, Grünen, FPÖ, ÖVP und zwei der SPÖ - AK-Manager und Faymann-Berater Werner Muhm sowie Dietmar Hoscher, ehemaliger Nationalratsabgeordneter der SPÖ und Vorstand der Casinos Austria.

Team Stronach und nun auch Neos haben laut vorläufigem Endergebnis Klubstärke im Nationalrat, sie werden also im Hauptausschuss sitzen und damit nach bisherigem System auch im Stiftungsrat des ORF mit je einem Mandat. Von einem muss sich das BZÖ zusammen mit dem Nationalrat verabschieden. Das zweite kommt von der SPÖ, die damit ein Mandat im Stiftungsrat verliert.

Im Stiftungsrat insgesamt (siehe Grafik) werden der SPÖ bisher 15 Mandate zugerechnet, der ÖVP 12, Grünen und BZÖ je einer und der FPÖ zwei und vier als unabhängig Eingestufte. Nach Zählrunde 1 zu den Parteien, in altem Bestellmodus: 14 SPÖ, 12 ÖVP, 2 FPÖ, 1 Grüne, 1 Stronach, 1 Neos, vier Unabhängige.

Neun Regierungs-Stiftungsräte

Neun von 35 Stiftungsräten entsendet die Bundesregierung. Derzeit werden je vier Rot und Schwarz zugeordnet, einer, Alexander Hartig, gilt als unabhängig, aber doch recht rechtskonserativ.

Bleibt es bei der wieder etwas kleineren großen Koalition dürfte sich da in der Mandatsverteilung wenig ändern - vielleicht findet sich freilich ein Unabhängiger, der Sozialdemokraten wieder etwas weniger skeptisch gegenüber steht.

Neun Länder-Räte

Neun von 35 Stiftungsräten entsenden die Bundesländer. Wird der Stiftungsrat mit der nächsten Reform verkleinert, dürfte wohl nicht mehr jedes Bundesland einen Stiftungsrat stellen. Das macht Länder zu beliebten Mehrheitsbringern bei Generalswahlen - Generäle bestimmen dann die ORF-Landesdirektoren, und die führen jeweils die wichtigste mediale Bühne der Landeshauptleute im Bundesland.

Bei den Länder-Stiftungsräten sind Ablösen schon seit den Landtagswahlen im Frühjahr zu erwarten. So kurz vor Ablauf der Funktionsperiode wollten aber offenbar Salzburg und Kärnten nicht wechseln. Kärntens Landesregierung entsendete zuletzt Siggi Neuschitzer, er wird der FPÖ/FPK zugerechnet; seit 2013 ist der Landeshauptmann ein Sozialdemokrat. Das könnte auf einen anderen, der SPÖ näher stehenden Landesstiftungsrat hindeuten.

Salzburg wiederum vertritt bisher Wolfgang Wörter, früher PR-Mann von Exlandeshauptfrau Gabi Burgstaller, nun selbstständiger Öffentlichkeitsarbeiter. Die schwarz-grün-gelbe Landesregierung könnte einen bürgerlicheren Vertreter in den Stiftungsrat entsenden - wobei der angeblich aussichtsreichste Kandidat dafür schon im Rat sitzt: Rainer Rößlhuber (Sportunion) könnte von seinem heutigen VP-Regierungsmandat auf jenes Salzburgs wechseln.

Nach bisherigem Bestellmodus könnte das also bedeuten (da war Sonntagabend noch ein Rechenfehler mit 15 SPÖ und 12 ÖVP, nun korrigiert): 14 SPÖ, 13 ÖVP, 1 statt 2 FPÖ, 1 Grüne, 1 Stronach, 1 Neos, vier Unabhängige.

Der Zentralbetriebsrat des ORF stellt fünf Mandate von 35 im Stiftungsrat - der ORF-Zentralbetriebsrat ist seit 2012 neu gewählt und wird regulär erst 2016 wieder neu abgestimmt.

Sechs Publikums-Räte

Sechs Stiftungsräte stellt noch der Publikumsrat, ein überwiegend vom Bundeskanzleramt (und zuletzt deutlich rot) besetztes ORF-Gremium mit wenig Kompetenzen.

Der Verfassungsgerichtshof hat 2011 die Faxwahl von sechs Publikumsräten aufgehoben - von den direkt Gewählten müssen drei laut Gesetz in den Stiftungsrat entsandt werden. Ohne Faxwahl wird das schwierig.

Juristen sind wie berichtet uneins, wie mit diesen Vorgaben ohne Faxwahl zu verfahren ist. Der langjährige ORF-Administrationschef und renommierte Rundfunkrechtler Wolfgang Buchner zeigte sich zuletzt überzeugt, dass es damit - ohne eine Reform - drei Stiftungsräte weniger gibt. Das käme der SPÖ gelegen - die ÖVP mobilisierte bei der letzten Faxwahl besser: Sie würde zwei Stiftungsräte verlieren, wenn die drei Mandate einfach wegfielen; die SPÖ eines.

Andere Rundfunkrechtler sehen eine Art Vorrang für die Besetzungsvorgabe des Stiftungsrats. Dort steht ohne weitere Präzisierung nur: "Sechs Mitglieder bestellt der Publikumsrat". Erst weiter hinten präzisiert das Gesetz beim Publikumsrat, dass drei davon aus der Faxwahl kommen müssen - die Passage haben die Verfassungsrichter unpraktischerweise nicht gestrichen.

Das könnte bedeuten, dass der - heute mehrheitlich rote - Publikumsrat nun sechs Mitglieder in den Stiftungsrat entsenden kann (je eines davon muss weiterhin Religion, Wissenschaft und Kultur vertreten).

Der Haken daran: Entsendet der Publikumsrat ohne Direktwahl sechs Stiftungsräte, läuft er womöglich doch Gefahr, dass er die Entsendungsvorschrift im  ORF-Gesetz verletzt - und der Verfassungsgerichtshof später auch diese Entsendung aufhebt. Damit wären aber womöglich auch Beschlüsse des Stiftungsrats nicht gesetzmäßig zustandegekommen.

Koalitionsgespräche

Aber womöglich erübrigen sich diese Berechnungen - mit einer ORF-Reform bis Frühjahr 2014. Wird auch spannend, wer die Regierungsverhandlungen führt - Klubchef und Mediensprecher Karlheinz Kopf drängte ja recht vehement auch auf einen (wohl großkoalitionären) Zweiervorstand für den ORF statt des Alleingeschäftsführers. Und SPÖ-Klubchef und Mediensprecher Josef Cap war entschieden dagegen.

SPÖ-Verhandler und Medienstaatssekretär Josef Ostermayer wollte übrigens zwei Monaten keine Zeit für ein Interview über Medienpolitik finden. Er könnte die Medienagenden mit ins Bildungs- und Kulturministerium nehmen. (fid, derStandard.at, 29.9.2013)