Zukunft und Medien wollte die FH St. Pölten Freitagabend diskutiert wissen, dort wird ja Medienwirtschaft unterrichtet, ein Lehrgang widmet sich bald auch digitalen Geschäftsmodellen.

Um journalistische Onlineangebote zu finanzieren, werden Inhalte Geld kosten müssen, glaubt Reinhard Christl, der die Medienwirtschaft an der FH leitet. Den Begriff der Paywall oder Bezahlschranke will er aber gar nicht hören – weil zu abschreckend. Besser gefällt Christl schon der Begriff des "Leserklubs", den etwa sueddeutsche.de-Chef Stefan Plöchinger bevorzugt. 

Christof Hinterplattner, dessen Medienhaus mit "Heute" schon eine Zeitung gratis verteilt, sieht wenig Chancen für bezahlte Inhalte. Der Digitalmanager, auch zuständig für den zugekauften "netdoktor.at", erinnert daran, dass auch der deutsche Riese Springer exklusive Bewegtbilder der deutschen Bundesliga als Hebel für sein Digitalangebot einsetzt - und da nicht allein auf Nachrichten baut.

"Ich glaube nicht, dass wir die Inhalte vergebühren werden ...", sagt Gerlinde Hinterleitner, Verlagsleiterin Online in der Standard-Gruppe, die derStandard.at mitbegründet und bis 2013 geführt hat und nun die neue Abteilung für User Generated Content leitet. "... vergebühren können", ergänzt Harald Knabl, Herausgeber und Geschäftsführer der "Niederösterreichischen Nachrichten" und des NÖ Pressehauses.

"Leben von Print so gut"

Knabls Haus hielt sich online bisher eher zurück, für November kündigt er ein "neues Angebot" an. Dass es sich rechnet, glaubt er nicht: "Wir machen das unter dem Gesichtspunkt der Markenpflege, das gehört für mich dazu." Nachsatz: "Wir leben von Print so gut."

Knabl verweist, wie viele Verleger, auf den ORF und sein kostenloses Nachrichtenangebot, finanziert mit "30 Millionen im Jahr" aus "600 Millionen Zwangsgebühren". Da sei "die Politik nicht mutig genug", auch wegen stets prompter "Drohgebärden" des ORF, etwa "dass er Landesstudios zusperrt". 

Medium als "Heimat"

Standard-Managerin Hinterleitner indes sieht den Handlungsbedarf zuallererst bei den jeweiligen Medienhäusern, den Portalen.  "Es ist ein falscher Ansatz, Artikel zu vergebühren", sagt sie zwar - Nachrichten finden Userin und User rasch anderswo, ob ein bisschen schlechter oder besser. "Aber ich glaube schon, dass wir Anstrengungen unternehmen werden, dass wir von Usern Geld bekommen." derStandard.at nutzten pro Monat 1,5 bis 1,6 Millionen Menschen, mit jenen aus Deutschland vielleicht zwei Millionen, sagt Hinterleitner: "Wenn wir von jedem dieser User einen Euro* bekommen würden, könnten wir unfassbar viele Redakteure anstellen."

"Wir sollten ausprobieren und experimentieren, wie wir schaffen können, von Usern Geld zu bekommen." Für Hinterleitner liegt der Schlüssel im Service - Inhalte möglichst gut und bequem zu den Nutzern zu bringen. Bei der Zeitung zahle der Leser, die Leserin für das "in sich geschlossene Produkt" mit einer bestimmten Sicht auf die Welt, das um fünf Uhr früh vor der Wohnungstür liegt.

"Eine der großen Erfolgsgeschichten der nächsten Jahre" sieht Hinterleitner in der Einbindung: "Userinnen und User wollen mitmachen. Je besser wir implementieren, desto erfolgreicher sind wir." Die Aufgabe: "Lesern und Usern eine Heimat bieten, eine emotionale Bindung zu unserem Produkt." (fid, derStandard.at, 29.9.2013)