Viele Entscheidungen die teils rational, teils aus dem Bauch heraus getroffen werden mussten. Viel Glück und auch viel Glücksempfinden. Eine Portion an Spiritualität. Das Ganze ist noch zu frisch um es wirklich in Worte zu fassen – auch weil man Teile dieser gesamten Erfahrung nicht "fassen” kann. Und doch verblasst vieles auch schon wieder. In der großen Höhe ziehen Gedanken sehr schnell weiter. Man lebt absolut im Jetzt.

Gestartet sind wir zu viert am 21.09.

Foto: Clearskies.at

Entgegen unserer Hoffnungen waren lediglich zwei Tage guten Wetters vorausgesagt. Um unsere Akklimatisierung nach den ersten Tagen am Berg fortzuführen, war unser Plan, vom Basislager aus direkt in unser Lager 2 aufzusteigen, dort eine Nacht auf ca. 6.650 Meter zu verbringen und am nächsten Tag wieder abzufahren. Doch sollte es anders kommen. Die anhaltenden Niederschläge während unseres Rasttages haben ein Weiterkommen über unserem Lager 1 unmöglich bzw. zu gefährlich gemacht.

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Frustriert beschließen wir, vor dem Eisbruch ein vorgeschobenes Lager 1 auf ca. 5.800 Meter, also nahezu 200 Höhenmeter oberhalb unseres bisherigen Lagers 1 einzurichten. Einzelne Bergsteiger, meist Sherpas die höhere Lager von kommerziellen Expeditionen versorgen, steigen trotz der offensichtlichen Lawinensituation durch den Eisbruch und die lawinenschwangeren oberen Hänge.

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Bei extrem hohen Temperaturen und starker Sonneneinstrahlung bauen wir das erste Zelt auf. Ich selbst fahre bei 20 cm feinstem Pulver die kurzen 200 Höhenmeter hinab in unser "unteres" Lager 1 um ein zweites Zelt zu holen. Wir richten uns hier auf 5.800 Meter häuslich für die Nacht ein und hoffen bis morgen auf ein Setzen des Neuschnees.

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Unsere Strategie geht auf. Am 22.09. starten wir bei gutem Wetter und gesetztem Schnee durch den Eisbruch.

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Der Eisbruch zwischen Lager 1 und Lager 2 ist die erste große Hürde einer Gipfelbesteigung am Manaslu. Tiefe Gletscherspalten, teils senkrechte Eispassagen, ein schier undurchschaubares Labyrinth an Eiswänden und -türmen, die hinab in die Tiefe fallen wollen.

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Ohne Gnade strahlt die Sonne herab. Unglaubliche Hitze! Noch mehr als die Höhe von 6.000 Meter macht uns heute die Hitze zu schaffen.

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Nach 300 Höhenmetern haben wir den Eisbruch geschafft und können auf ca. 6.100 Meter unsere Ski endlich anschnallen und mit unseren Steigfellen voran kommen. Die Last auf den Schultern ist nun etwas geringer.

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Am frühen Nachmittag erreichen wir das Lager 2 auf 6.650m.

Wir bauen ein zweites Zelt auf und bereiten uns erstmals alle 4 gemeinsam auf eine Übernachtung im Lager 2 vor. Unsere erste hohe Nacht am Berg.

 

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Ursprünglich wollten wir an diesem Abend schon wieder im Basislager sein.

Entsprechend unsere Ausrüstung, die sich auf ein Minimum beschränkt da wir nur zwei Tage am Berg eingeplant haben (Nahrung, Gas) und wir sind nur für moderate Höhen mit Bekleidung ausgerüstet. Einige Teile sind natürlich mit im Rucksack, wie zum Beispiel die unerlässliche Daunenjacke oder auch unsere Heizsocken sowie die Heizhandschuhe mit jeweils ein paar Akkus. Geplant war, diese Teile sowie den Überschuss an Nahrung im Hochlager zu deponieren um die Last beim nächsten Anstieg zu reduzieren.

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Der Wetterbericht ändert sich sehr kurzfristig. Wir erfahren von unserer "Wetter- und Kommunikationszentrale" in Innsbruck bzw. von Astrid (meiner Frau), die uns täglich mit Wetterinformationen füttert, dass sich ein weiterer Tag am Berg gut ausgeht. Also planen wir eine Nacht im Lager 2 und sogar einen Aufstieg zu unserem Lager 3 auf ca. 7.400 Meter.

Alles nicht sehr geplant und mit weniger Ausrüstung und Bekleidung als optimal. Wir bleiben spontan. Wir unterwerfen uns hier nur mehr den Gesetzen der Natur. Nichts erzwingen – aber seine Chancen nutzen. Den Berg fühlen. Die Berggöttin Manaslu ist eine sehr eigensinnige Göttin, auf ihrem 8.163 m hohen Thron!

Demut! Aus diesem Gesichtspunkt heraus war unsere Expedition geplant und organisiert und ein Gipfelerfolg auch nur unter diesem Gesichtspunkt heraus denkbar. Dazu gehört auch unser Besteigungsstil. "By fair means"- aus eigener Kraft – ohne Hochträger, ohne Flaschensauerstoff oder sonstiger fremder Hilfe wollen wir den Gipfel erreichen. (Georg Schantl, derStandard.at, 27.09.2013)

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