Österreich erlebte im Juni ein Jahrhunderthochwasser, das zweite innerhalb von zehn Jahren. Es folgte ein Rekordsommer mit Temperaturen erstmals über 40 Grad Celsius und großen Ernteschäden. Für die Klimaforscher ist ziemlich klar, dass zumindest die heißeren Sommer eine Folge des Klimawandels sind: Zwischen 1961 und 1990 gab es rund zehn Hitzetage (mit Temperaturen über 30 Grad) im Jahr. Inzwischen sind es meist 20 Tage.

Auch für viele Österreicher besteht kein Zweifel mehr, dass der Klimawandel uns allen zu schaffen macht. Er schien mithin als ideales Thema für den Nationalratswahlkampf, um Menschen verschiedenster sozioökonomischer Gruppen emotional zu erreichen. Doch genau das Gegenteil war der Fall, wie eine aktuelle Untersuchung der Modul University Vienna zeigt.

Forscher um Arno Scharl, Leiter des Instituts für Neue Medientechnologie, werteten dazu mehr als eine Viertelmillion Online-Medienartikel und Social-Media-Postings aus. Von den mehr als 1800 Medienartikeln zur österreichischen Nationalratswahl erwähnten nur einige wenige auch das Thema Klimawandel - und das trotz extremer Wettersituationen im Wahljahr und dem aktuellen IPCC-Bericht.

Die Analyse erfolgte mittels innovativer Web-Intelligence-Technologien, die bereits im US-Wahlkampf 2012 eingesetzt wurden, um die Berichterstattung über Obama und Romney zu analysieren. "Das Thema Klimawandel wurde damals von beiden Kandidaten gemieden. Wenige Tage vor der Wahl konnte unser System eine deutliche Trendumkehr identifizieren", erinnert sich Scharl: "Die Überflutungen durch Hurrikan Sandy und das vorbildliche Management der Krisensituation durch Obama hatten deutliche Zugewinne in unserem automatisch berechneten Stimmungsbarometer zur Folge."

Doch nicht allein in den Nachrichtenmedien ging der Klimawandel im Zusammenhang mit dem Wahlkampf völlig unter: Auf sozialen Plattformen wie Facebook, Google+ und Twitter war es nicht anders, wie die Analyse von mehr als 100.000 User-Kommentaren bestätigt. Womöglich sind also auch die neuen sozialen Medien in ihrer Schnelligkeit eher ungeeignet, sich mit längerfristigen Problemen zu befassen. (tasch, DER STANDARD, 27.9.2013)