Mit streitbaren Themen wartete der Wahlkampf generell nicht auf, beobachtete Politikberaterin Heidi Glück.

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Foto: Media Affairs
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Mit Frauenpolitik ist kein Wahlkampf zu machen, zumindest nicht dieser. Das zeigt eine Untersuchung des bisherigen Wahlkampfs und der Themen, mit denen die wahlwerbenden Parteien in den Medien vertreten waren.

Ergebnisse

Die Agentur Media Affairs beobachtete dafür in den vergangenen Monaten die Berichterstattung in den führenden Tageszeitungen "Presse", STANDARD, "Kurier", "Krone" und "Österreich" - und kam zu einem erstaunlichen Ergebnis: Trotz Wahlkampfs hat die frauenpolitische Berichterstattung im Vergleich zum Vorjahr um vier Fünftel abgenommen.

Wenn Medien in den letzten vier Monaten überhaupt über Frauenpolitik berichteten, dann war es das Thema Frauenpensionen (rund 7.500 Wörter). Allerdings wurde dieses von SPÖ und ÖVP vollkommen allein bestritten. Alle anderen hielten sich aus dem Hickhack über eine frühere Anhebung des Frauenpensionsalters heraus, das Vizekanzler und ÖVP-Chef Michael Spindelegger losgetreten hatte. Nachdem Spindelegger im Juli von einer früheren Angleichung der Frauenpensionen sprach, das dann allerdings als "Zeitungsente" bezeichnete, bot sich der SPÖ zumindest kurzfristig eine Reibungsfläche, an der sie ihr Engagement für Frauen verdeutlichen wollte.

SPÖ dank Frauenministeriums am stärksten

Abgesehen von dieser kurzfristig aufkeimenden Debatte gab es so gut wie keine frauenpolitische Agenda für die Parteien. Wenn allerdings Themen wie die Gehaltsschere zwischen den Geschlechtern oder die Vereinbarkeit von Beruf und Familie aufgegriffen wurden, dann am ehesten von Frauenministerin Gabriele Heinsich-Hosek. Somit war die SPÖ auch jene Partei, die Frauenpolitik mit knapp 60 Prozent am stärksten in den Wahlkampf einbrachte.

Judith Schwentner, die Frauensprecherin der Grünen, war zwar im Mai und Juni mit dem Thema Sexismus präsent, Grünen-Chefin Eva Glawischnig bestritt hingegen den Wahlkampf gänzlich ohne Frauenpolitik. Ganz anders im Vorjahr, als Glawischnig medial mit der Frauenquote und Kinderbetreuung in Erscheinung trat.

Die ÖVP machte vor allem durch die Forderung nach einer Zusammenlegung von Frauen- und Familienministerium auf sich aufmerksam. Bei der Volkspartei wurden generell Familienthemen häufig in Zusammenhang mit Frauenpolitik transportiert.

Nur nicht streiten

Woran liegt das? Immerhin sind bei dieser Wahl weit mehr Frauen wahlberechtigt als Männer (52 zu 48 Prozent). Für die Politikberaterin Heidi Glück ist das Fehlen der Frauenpolitik in diesem Wahlkampf  zwar "offenkundig", aber auch nichts Besonderes, denn in früheren Wahlkämpfen sei es nicht viel besser gewesen.

Dass selbst nach der Forderung von BZÖ-Chef Josef Bucher, Schwangerschaftsabbrüche künftig auf Krankenschein zu ermöglichen, weder Reaktionen von anderen Parteien kamen oder größeres Medieninteresse bestand, zeigt für Glück, dass streitbare Themen derzeit keine Konjunktur haben. "Jede Partei hat in diesem Wahlkampf kontroversielle Inhalte vermieden. Die FPÖ hat mit Nächstenliebe plakatiert. Auch wenn damit sehr wohl die Ausländerthematik angesprochen wird, passiert das diesmal sehr sanft." Und auch der Anti-Korruptions-Wahlkampf der Grünen beziehe sich auf einen Konflikt - Stichwort U-Ausschuss -, der schon länger zurückliege. 

Geld sticht Gesellschaft

Frauenquoten, Maßnahmen gegen Sexismus oder auch Gewalt gegen Frauen sind hingegen alles andere als unstrittige Stoffe - und waren somit für die wahlwerbenden Parteien offenbar Gift. Glück: "Es ist möglich, dass das eine Nachfolge der Krise ist, die zwar für Österreich nicht so relevant war wie für andere Länder. Aber dennoch sind insgesamt gesellschaftspolitische Themen zugunsten von ökonomischen in den Hintergrund getreten."

Die letzten paar Wochen

Und wie sieht es mit dem Wahlkampf-Endspurt aus? "Es scheint fast so, also ob nun manchen Parteien doch noch eingefallen wäre, dass heuer mehr Frauen als Männer wählen", sagt Maria Pernegger, Projektleiterin der Untersuchung "Frauenpolitik im Wahlkampf". Der "Kurier" berichtete etwa kürzlich von einem Event für Frauen des Teams Stronachs, bei dem höhere Löhne für Frauen und eine größere Präsenz von Frauen im Parlament gefordert wurden.

Und ein Pressesprecher der FPÖ sprach in der "Kleinen Zeitung" von seiner Partei als "Frauenrechtspartei für unterdrückte muslimische Mädels", die in die FPÖ die Hoffnung auf ein Kopftuchverbot setzen würden.  

Für Pernegger ist klar, dass es vor allem der politische Wille ist, der Parteien zu frauenpolitischen Positionen motiviert. Sämtliche Wahlkampfthemen - etwa Arbeitslosigkeit oder auch Bildung - hätten die Möglichkeit geboten, frauenspezifische Positionen einzubringen. Darauf haben die Parteien in diesem Wahlkampf jedoch eindeutig verzichtet. (Beate Hausbichler, dieStandard.at, 26.9.2013)