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Florence Griffith-Joyner am 25. September 1988 in Seoul nach ihrem Olympiasieg über 100 Meter.

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Wien - Ihren heute noch gültigen 100-m-Weltrekord von 10,49 Sekunden stellte Florence Griffith-Joyner am 16. Juli 1988 in Indianapolis auf. Am 25. September desselben Jahres gewann sie binnen 10,54 Olympiagold bei den Spielen in Seoul. Diese Zeit schaffte es wegen zu starken Rückenwindes nicht in die Rekordlisten. Aber auch die 10,62 vom Viertelfinale wurden bis heute von keiner Frau erreicht. Am 26. September lief Flojo, wie sie genannt wurde, zum zweiten Olympiagold in Seoul, die 21,34 Sekunden über 200 Meter sind bis heute ebenfalls noch unangetastet. Mit der US-Staffel holte sie noch Gold über 4 x 100 sowie Silber über 4 x 400 Meter.

Auch andere noch bestehende Weltrekorde aus den Achtzigerjahren sind hochgradig verdächtig. Etwa der von DDR-Läuferin Marita Koch, die am 26. Oktober 1985 in Canberra 400 Meter binnen 47,60 erledigte. Oder jener von Jarmila Kratochvilova, deren Bestzeit über 800 Meter heuer 30 Jahre alt wurde. Die Tschechoslowakin hatte die 1:53,28 Minuten am 26. Juli 1983 in München fixiert.

15 Zentimeter lange Fingernägel

Florence Griffith-Joyner war das Glamourgirl mit 15 Zentimeter langen Fingernägeln, hautengem Outfit und wehender Mähne. Am 21. September 1998 starb die US-Amerikanerin im Alter von 38 Jahren. Und nahm ein Geheimnis mit ins Grab. Ihr Tod wurde in den USA ähnlich aufgenommen, als sei eine Hollywood-Diva aus dem Leben geschieden. Bill Clinton, der US-Präsident, sagte damals: "Wir waren betört von ihrer Geschwindigkeit, eingenommen von ihrem gesegneten Talent und gefangen von ihrem Stil."

Es war die frühere Trainingspartnerin Lorna Boothe, die Tage nach Flojos Tod deren Mythos gefährdete: "1987 habe ich eine Krankenschwester getroffen, die in einem kalifornischen Hospital arbeitete und mir bestätigte, dass Flojo regelmäßig mit anabolen Steroiden und Testosteron behandelt wurde."

Doch Fakten, die dies belegen, fanden sich nicht bei Flojo, die von Ehemann Al Joyner, dem Dreisprung-Olympiasieger, in der Früh im gemeinsamen Haus im kalifornischen Mission Viejo leblos im Bett gefunden worden war. Gerichtsmediziner stellten fest, dass Flojo an einer angeborenen vaskulären Malformation im Gehirn starb. Sie schlossen Herzprobleme, früheren Drogenmissbrauch oder Doping aus.

Kein positiver Test

Spuren verbotener Substanzen wurden bei Dopingtests nicht gefunden. Das sagt nichts. Auch ihre Nachfolgerin Marion Jones, die wegen Meineids ins Gefängnis musste, oder das gefallene Radsport-Idol Lance Armstrong wurden nie überführt. Das lag an unzulänglichen Kontrollen oder an noch nicht nachweisebaren Mitteln wie Wachstumshormonen.

Freilich blieben Zweifel. Sie wurden durch vieles genährt. Denn die Leistungsexplosion bei Flojo, die lange nur auffiel durch Outfit und Fingernägel, kam ganz plötzlich nach dem Wechsel zu Trainer Bob Kersee, der auch ihre Schwägerin Jackie Joyner-Kersee in Seoul zu Gold und Weltrekord führte. Ihre 7291 Punkte im Siebenkampf sind ebenfalls heute noch unerreicht.

Bei Olympia 1984 in ihrer Heimatstadt Los Angeles gewann Flojo zwar in 22,04 Sekunden Silber, bei der WM 1987 in Rom mit deutlich entwickelter Muskulatur in 21,96 erneut, dazu Gold im 4x100-m-Quartett. Doch erst 1988 trugen sie ihre muskulösen Beine zu Zeiten, die die Sprint-Welt revolutionierten. Mit ihren 10,49 lag Flojo 0,27 Sekunden unter dem damaligen Weltrekord von Evelyn Ashford, wobei die Windmessung (0,0) Zweifel aufwarf, weil zeitgleich nebenan im Weitsprung starker Rückenwind herrschte. In Seoul rannte sie dann bei normalem Wind in 21,34 um 0,37 Sekunden schneller als zuvor Marita Koch und Heike Drechsler bei ihren Weltrekorden von 21,71.

Zweifel ließ auch ihr bald folgender Rücktritt aufkommen. Dieser fiel in eine Phase, in der ihr Marktwert auf 50 Millionen Dollar geschätzt wurde. Und in die Zeit, als nach dem Dopingskandal um Kanadas 100-m-Star Ben Johnson verschärfte Kontrollen angekündigt wurden. (sid/bez, DER STANDARD, 25.9.2013)