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Zu wenig Nachwuchs, zu viel zu tun. Unternehmen kämpfen mit den Folgen des demografischen Wandels.

Zentrale Ergebnisse der Studie auf einen Blick:

72 % sehen Gesundheit als zentrales Thema

81 % sehen auch im Talentmanagement HR-Risiken

74 % der Unternehmen sehen Handlungsbedarf im Bereich des Employer Branding

33 % der Unternehmen entwickeln konkrete demografiebezogene Maßnahmen und setzen diese auch um

42 % befinden sich in der Analyse- und Prognosephase bzw. identifizieren Risiken

25 % sammeln erste Informationen

Foto: APA/dpa/Brandt

Es herrscht massives Ungleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage qualifizierter Junger am Arbeitsmarkt. Angeblich gibt es zu wenige junge Talente - paradox angesichts der Millionen arbeitslosen Jungen in Europa. Dennoch: Für die Rekrutierung des "passenden Nachwuchses" wird viel Aufwand betrieben, während das Durchschnittsalter der Belegschaften kontinuierlich steigt.

Der demografische Wandel zwingt die Unternehmen dazu, ihre Arbeitsprozesse - auch als Folge einer erforderlichen verlängerten Lebensarbeitszeit - grundsätzlich zu überdenken. Diesen Entwicklungen ging die aktuelle Erhebung der Unternehmensberatung Towers Watson nach: Befragt wurden Human-Resources-Manager und Demografieverantwortliche aus 116 Unternehmen mit insgesamt rund 700.000 Mitarbeiten in Deutschland und Österreich.

Gut ist einerseits, dass das Bewusstsein über die strategisch-organisatorischen Konsequenzen des demografischen Wandels bei mehr als der Hälfte der befragten Unternehmen vorhanden ist: Laut Studie schreiben 70 Prozent der Befragten der strategischen Bewältigung des demografischen Wandels einen "wesentlichen Einfluss" auf den künftigen wirtschaftlichen Erfolg zu. Andererseits aber haben erst ein Drittel (33 Prozent) der befragten Unternehmen demografiebezogene Maßnahmen geplant, geschweige denn umgesetzt - obwohl laut Studie für 67 Prozent der Unternehmen "demografiebedingt bereits Änderungen in der Altersstruktur der Belegschaft sichtbar sind".

Was jetzt ansteht

Die Unternehmen sollten jetzt überlegen, wie sie ihre Arbeitsprozesse künftig gestalten, sagt Reiner Schwinger, Managing Director bei Towers Watson. "Darauf müssen die strategische Personalplanung, die Karrieremodelle und die Maßnahmen für einen schrittweisen Übergang vom aktiven Erwerbsleben in den Ruhestand abgestimmt werden", sagt er weiter. Isolierte Maßnahmen seien tendenziell sinnlos, in der "integrierten Gesamtplanung" liege der Schlüssel. Nicht allein HR-Aspekte gelte es zu berücksichtigen, sondern auch die Auswirkung des demografischen Wandels auf Konsumenten und Nachfrage, so Schwinger weiter.

Wo aber sehen HR- und Demografieverantwortliche effiziente Hebel, um sich dieser Entwicklung auch angemessen stellen zu können? Auf den bereits sicht- und fühlbaren Fach- und Führungskräftemangel wird laut Studienergebnissen zuerst reagiert: 81 Prozent sehen in den Bereichen Talentmanagement, Karriere- und Nachfolgeplanung HR-Risiken. 74 Prozent sehen Handlungsbedarf beim Employer-Branding. Erst an dritter Stelle (mit 72 Prozent) wird das Gesundheitsmanagement genannt. Bedarf wird auch in der Anpassung von HR-Konzepten, etwa flexiblen Arbeitszeitmodellen (von 82 Prozent der Befragten angegeben) gesehen.

Durch die längere Lebensarbeitszeit müssen Karrieremodelle in allen Unternehmungen adaptiert bzw. neu aufgesetzt werden, heißt es. Etwa so, dass Wissensträger in den letzten Arbeitsjahren eher mehr beratende Teilzeitfunktion ausüben, um danach - Schritt für Schritt - in den Ruhestand zu gehen. Nicht zuletzt habe das Folgen für Arbeitsplätze, Stellenprofile oder eben Karrieremodelle, so die Studienautoren.

Von Politik enttäuscht

Für 90 Prozent der Befragten aber steht die Bindung von Leistungsträgern an das Unternehmen im Vordergrund. Dafür müssten allerdings jetzt Entscheidungen in Sachen flexibler Modelle getroffen werden - je nach Leistungsbereitschaft und Belastungsfähigkeit der Mitarbeiter und Personalbedarf der Unternehmung -, die später dann schlagend werden können, so ein weiteres Studienfazit. Für deren Finanzierung seien - laut einer Towers-Watson-Studie von 2012 - auch die Mitarbeiter gemeinsam mit den Unternehmen bereit, heißt es: "Die befragten Mitarbeiter würden einen gewissen Teil ihrer Bezüge für eine garantierte betriebliche Altersversorgung einsetzen."

Von der Politik fühlen sich die allermeisten Befragten zu wenig unterstützt. Nur fünf Prozent gaben hier positive Rückmeldung. Bei der Bewältigung des demografischen Wandels kritisieren mehr als ein Viertel die "mangelnde Flexibilität der verfügbaren Instrumente aufgrund zu enger gesetzlicher Gestaltungsspielräume." (Heidi Aichinger, DER STANDARD, 21./22.9.2013)