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Irans neuer Präsident Hassan Rohani kurz nach der Wahl. Auf ihm ruhen viele Hoffnungen.

Foto: REUTERS/Fars News/Majid Hagdost

Teheran/Wien - Der Moment naht, an dem sich herausstellen wird, ob den neuen diplomatischen Tönen zwischen Teheran und Washington auch eine substanzielle Annäherung folgen kann. Am 24. September ist der neue iranische Präsident Hassan Rohani bei der Uno in New York, wo nicht nur auf seine Rede gewartet wird, sondern auch darauf, wen er am Rande der Vollversammlung zu Gesprächen trifft. US-Präsident Barack Obama redet am selben Tag. Beide Seiten haben einen Briefwechsel zwischen den beiden Präsidenten bestätigt: Einzelne Briefe sind schon öfters zwischen Washington und Teheran hin- und hergegangen, aber diese freundliche Korrespondenz ist doch außergewöhnlich. Auch eine Analyse in Haaretz ortete "winds of change".

In einem Artikel in der Jordan Times hatte der ehemalige iranische Diplomat und Mitglied des Atomteams Seyed Hossein Mousavian am Montag geschrieben, dass der religiöse Führer Ali Khamenei der Regierung Rohani die Erlaubnis gegeben habe, direkt mit den USA zu verhandeln. Mousavian ist eine gute Quelle, er gilt als Rohani nahestehend. Er forscht seit 2009 in Princeton, nachdem er unter Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad 2007 mit Spionagevorwürfen konfrontiert und kurzzeitig inhaftiert war.

In Wien hat zeitgleich der ehemalige Außenminister Ali Akbar Salehi, der in seinen alten Job als Chef der Atomkommission zurückgekehrt ist, vor der Generalversammlung der IAEA (Internationale Atomenergiebehörde) den iranischen Willen betont, eine Einigung im Atomstreit zu erreichen. Was genau Teheran dafür aufzugeben bereit sei, wollte Salehi jedoch nicht ausführen.

Vor Revolutionsgarden - die Rohani am Wochenende aufforderte, sich aus der Politik herauszuhalten - sagte indes Ayatollah Khamenei, manchmal sei "heroische Flexibilität" nötig. In den letzten Tagen war die Behauptung zirkuliert, Rohani sei bereit, die Anlage in Fordow schließen zu lassen, in der Uran auf knapp zwanzig Prozent angereichert wird. Dass Rohani mit einem solchen Angebot in Verhandlungen geht, glaubt niemand wirklich - auch Salehi sagte, er habe noch nie davon gehört. Bei so hohen Erwartungen besteht akute Frustrationsgefahr - auch für die technischen Gespräche zwischen IAEA und Iran am 27. September. Von substanziellen Angeboten Teherans an den nuklearen "Watchdog" ist noch nichts bekannt. Die IAEA hat ganz spezifische Forderungen an den Iran, vor allem Inspektionen unter dem "Additional Protocol" und Informationen über Aspekte des Atomprogramms, die auf eine militärische Dimension hindeuten.

Wenn das technische Treffen in Wien gar nichts bringt, ist das wohl ein schlechtes Omen - andererseits signalisiert Teheran ja allzu heftig, dass die Lösung auf politischer Ebene stattzufinden habe. Teheran sieht es offenbar bereits als genügendes eigenes Entgegenkommen an, dass, wie im letzten IAEA-Bericht Ende August bestätigt, sein Atomprogramm nicht so schnell vorangetrieben wird, wie es technisch möglich wäre. So werden zwar neue Gaszentrifugen - eine neue Generation davon - zur Urananreicherung installiert, aber nicht voll in Betrieb genommen. Beim bis an die oberste Grenze von 19,75 Prozent angereicherten LEU (niedrig angereichertes Uran) ist der Iran peinlich bemüht, einen gewissen Bestand nicht zu überschreiten. Auch die Arbeiten am umstrittenen Forschungsreaktor Arak, der theoretisch ein Plutoniumlieferant werden könnte, werden im Moment nicht forciert.

Für eine Fortsetzung der politischen Atomgespräche gibt es noch kein Datum - vielleicht wird dieses ein Nebenprodukt des Besuchs Rohanis in New York sein. Der iranische Präsident ist ja selbst ein nuklearer Insider. 2003, in der zweiten Amtsperiode Mohammed Khatamis, wurde er als damaliger Chef des Nationalen Sicherheitsrats erster iranischer Atomunterhändler. Das war noch, bevor der Iran die Urananreicherung aufnahm. Rohani stimmte im "Pariser Abkommen" einem Einfrieren der Anreicherungsvorarbeiten auf freiwilliger Basis zu, 2005 scheiterten jedoch Verhandlungen, und der Iran begann die Anreicherung.

Nasrin Sotoudeh frei

Im Iran selbst gibt es ebenfalls Entspannung an mehreren Fronten. Am Mittwoch wurde bekannt, dass mehrere politische Häftlinge freigelassen wurden, unter ihnen die Anwältin und Menschenrechtsaktivistin Nasrin Sotoudeh, die 2010 zu sechs Jahren Haft verurteilt worden war. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 19.9.2013)