Kontrast aus Alt und Neu: Die Opernpassage wurde originalgetreu restauriert, ...

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... die Karlsplatzpassage entrümpelt und erneuert.

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Wien - Um Punkt 11.55 Uhr drückte die Wiener Vizebürgermeisterin Renate Brauner (SPÖ) am Dienstag den roten Knopf und aktivierte damit die sogenannte "Kulturleitlinie", die in der umgebauten Karlsplatzpassage den Passagieren künftig die Orientierung erleichtern soll. Inspiriert von den beiden LED-Deckenlichtstreifen in Violett (U2) und Grün (U4) folgte prompt der erste Kommentar eines Fahrgastes: "Na typisch: Austria und Rapid."

Mit mehr als 200.000 Passagieren täglich bekam der meistfrequentierte Bahnhof Österreichs damit ein neues Gesicht. Niveauunterschiede wurden beglichen, Stufen entfernt, vor allem aber wurde der lange Schluf, der die Opernpassage mit dem Resselpark verbindet, von fünf auf nunmehr acht Meter verbreitert. "Die Passage ist großzügiger und heller geworden, und damit sind endlich auch die vielen Angsträume verschwunden", sagt Architekt Andreas Gerner, einer der Planer der Arge "kulturpassage karlsplatz/gerner gerner plus/ritter+ritter/vasko+partner", die 2008 als Sieger eines europaweit ausgeschriebenen Wettbewerbs hervorgegangen waren.

Doch davon war bei der Eröffnung durch Brauner, Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ), Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou (Grüne) und Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny (SP) am Dienstag nichts zu hören. Stattdessen sonnte man sich im Scheinwerferlicht und lobte die gute Zusammenarbeit zwischen Wiener Linien und Stadt Wien. Über die Kunstinstallation des Tiroler Künstlers Ernst Caramalle, der eine 70 Meter lange freskoartige Wandmalerei mit asymmetrischen Farbfeldern entwarf, verlor man in der vielzitierten und über alle Maßen erwähnten "Kulturpassage Karlsplatz" nur wenige Worte. Über die Architektur kein einziges.

Neu trifft auf Denkmalschutz

Teil des 20 Millionen Euro teuren Umbauprojekts - mitsamt Geschäftsablösen und Investition in die Verkehrsinfrastruktur beläuft sich das Budget laut Wiener Linien auf 26,5 Millionen Euro - ist die originalgetreue Restaurierung und Sanierung der denkmalgeschützten Opernpassage unter der Ringstraße. Anhand von Fotografien und historischen Plänen wurde der Urzustand der 1955 eröffneten Straßenunterführung wieder herbeigeführt. Die bedruckten, stark reflektierenden Glasplatten, die die ursprüngliche Linoleum-Verkleidung der 32 Säulen nachahmen sollen, sind noch gewöhnungsebdürftig. Das Gesamtambiente jedoch versprüht längst vergessenes Fifties-Flair.

Mit den Angsträumen sind auch die Junkies verschwunden. Gab es in der Karlsplatzpassage und im angrenzenden Resselpark vor dem Umbau noch etwa 300 bis 400 Drogensüchtige täglich, sind es derzeit "unter zehn". So lautet die offizielle Zahl der Sucht- und Drogenkoordination Wien. "Die leichteste Übung wäre gewesen, die Leute einfach zu verdrängen", sagt Drogenkoordinator Michael Dressel. "Insofern bin ich sehr froh darüber, dass es uns gelungen ist, die Drogensüchtigen in unser Netzwerk zu integrieren. Einen Junk-Ort wie den alten Karlsplatz wird man künftig nicht mehr brauchen." (Wojciech Czaja, DER STANDARD, 18.9.2013)