Auch durch die Kameralinse nicht zu entdecken: Den neuen grünen Plakaten fehlt das Impressum.

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Wien - Es gab Zeiten, da wollten die Grünen keine Köpfe plakatieren, weil Inhalt vor Personenkult kommen sollte. Heute sind sie ins andere Extrem gekippt. Auf den neuen Plakaten verdrängt die Spitzenkandidatin - wahlweise mit Lämmchen, Kind und netten Leuten - die Botschaft ins Kleingedruckte. Auf zwei Bildern steht nicht einmal mehr der Nachname, sondern schlicht: Eva.

Von Interesse war im gut durchfeuchteten Sand der Strandbar Hermann an Donaukanal, wo die Grünen bei Nordseewetter ihre jüngste Werbewelle präsentierten, aber auch das, was nicht auf den Sujets zu lesen ist. Ja, das Impressum fehle, räumt Wahlkampfleiter Stefan Wallner ein. Schließlich seien die Plakate, als Gegner die Grünen auf diesen "Etikettierungsfehler" hingewiesen hatten, schon gedruckt gewesen.

Es geht dabei um eine Facette der Debatte um die Finanzierung der Wahlkampagnen. Einige Parteien haben offenbar ein medienrechtliches Vergehen begangen: Ein Impressum fehlt auf Plakaten des BZÖ, der Neos, der Wiener Kandidaten Brigitte Jank (ÖVP) und Rudolf Hundstorfer (SPÖ) sowie eben der Grünen.

Für die Wiener Medienanwältin Maria Windhager sind die "Verletzungen der Impressumspflicht bei Plakaten weitgehend totes Recht". Der Strafrahmen reicht bis 20.000 Euro, erklärt Windhager, relativiert aber: "Zu der zu erwartenden Strafhöhe liegt, soweit überblickbar, keine Rechtsprechung vor. Es ist davon auszugehen, dass derartige Verstöße sehr selten geahndet werden."

Die Grünen hätten mittlerweile pflichtschuldig Meldung an die Behörde erstattet, sagt Geschäftsführer Wallner, legt aber auf eines Wert: "Es ist ein Unterschied, ob sie nur den Parkschein vergessen oder ein Auto entwenden."

Mit Letzterem meint der Grüne das, was die SPÖ getan hat: Die Plakate mit Kanzler Werner Faymann ziert zwar ein Impressum, doch das weist den roten Parlamentsklub als Sponsor aus. Laut Parteiengesetz sei das verboten, sagen viele Experten. Schließlich bekommen die Klubs öffentliche Förderungen für Parlamentsarbeit und nicht für Parteizwecke.

Als Konsequenz fordert der Politologe Hubert Sickinger, dass der Rechnungshof Einblick in alle Ausgaben und Einnahmen der Klubs bekommt. Derzeit können die Prüfer "nur" die Verwendung der öffentlichen Förderung auf "Zweckmäßigkeit" prüfen, was das letzte Mal Ende der Neunziger passiert ist. Nur bei vollständigem Einblick lasse sich aber erkennen, ob und wie die Klubs die Parteien unterstützten, meint Sickinger.

Spenden in alter Gewohnheit

In den Klubs der Regierungsparteien sieht man das anders. Die SPÖ hält die Prüfung der öffentlichen Mittel für ausreichend; alles andere, etwa Abgaben der Mandatare, seien private Beiträge, wie sie jeder Verein bekomme. Auch die ÖVP verweist auf die aktuellen Rechnungshofkompetenzen.

Für "erledigt" erklärt Kanzler und SPÖ-Chef Faymann die Causa. Die Bundespartei werde dem Klub auf jeden Fall die Plakatkosten von 1,5 Millionen zurückzahlen, auch wenn sich herausstelle, dass alles - wie Faymann glaubt - rechtens gewesen sei. Ob dem so ist, soll der unabhängige Parteien-Transparenz-Senat klären.

Stephan Lenzhofer, Koautor des demnächst erscheinenden Buches "Politische Parteien - Recht und Finanzierung", hat den Eindruck, "dass bei den Parteien mitunter die eine Hand noch nicht weiß, was die andere tut". Der Experte hält es für möglich, dass die SPÖ einfach in alter Gewohnheit den Klub für die Plakate zahlen ließ: "Ein solches Vorgehen wäre laut Klubfinanzierungsgesetz aber auch schon bei den vergangenen Wahlen rechtswidrig gewesen."

Lenzhofer meint auch, dass die Transparenzregeln "nachgeschärft gehören" . Die Wahlkampfkostenbeschränkung auf sieben Millionen pro Partei und Wahl hält er etwa für verfassungsrechtlich problematisch. Ein Grund: "Der Betrag gilt für bundesweite Wahlen genauso wie für eine Gemeinderatswahl in Gramatneusiedl." (jo/nw/pm, DER STANDARD, 12.9.2013)