Die Nationalratswahlen stehen vor der Tür, und es beginnen bereits die Überlegungen, mit welcher Struktur die Spitze der österreichischen Gesundheitsverwaltung in die Zukunft gehen soll. Dass solche strategischen Überlegungen bereits im Laufen sind, wird zwar abgestritten, aber die Gerüchte, die nunmehr längst im Umlauf sind, sind doch sehr klar und eindeutig.
Dazu kommt, dass das Modell der Gesundheitsverwaltung des Bundes in der Vergangenheit eine beliebte "Spielwiese" für Eingliederungen in Ministerien und Ausgliederungen aus Ministerien gewesen ist. Natürlich immer mit dem Argument, dass diese Vorgangsweise jeweils die bessere Organisationsform sei. Daher ist es naheliegend, dass hinter den Kulissen bereits solche strategischen Optionen diskutiert werden.
Es gibt viele und gute Argumente, warum die Gesundheitsverwaltung entweder in ein anderes Ministerium eingegliedert werden oder andererseits ein eigenständiges Ministerium sein und bleiben sollte. Das für mich wichtigste Argument für die Beibehaltung eines eigenständigen Gesundheitsministeriums liegt darin, dass die vergangenen Jahre und Monate eine Vielzahl von Reformerfolgen und Meilensteinen in der Gesundheitspolitik gebracht haben, die vor allem für die Patienten Verbesserungen bringen werden.
Ohne ein selbstständiges Ministerium mit der damit einhergehenden Integrations- und Symbolkraft und damit auch Leadership wäre diese Erfolgsstory wohl nicht möglich gewesen. Die Formulierung der Rahmengesundheitsziele, das neue Elga-Gesetz, die Patientensicherheitsstrategie, die Gesundheitsreformgesetze und die koordinierende Rolle beim Bundesgesundheitszielvertrag sind eine Reihe von außerordentlichen Erfolgen in einem System, das sich seit Jahr und Tag durch unglaubliche Beharrungskräfte auszeichnet.
Aber: Der Job ist noch lange nicht getan! Die Gesundheitsreform mit ihren verschiedenen Reformansätzen hat gerade erst begonnen, und alle geplanten Vorhaben harren noch der Umsetzung. Der Bogen reicht von der erstmaligen Aufstellung einer guten Primärversorgung über die Neustrukturierung der Krankenanstalten, einer für Patienten verständlichen Qualitätstransparenz, neuen telefon- und webbasierten Erstberatungs- und Kontaktstellen, einem Schwerpunkt auf Prävention bis zu vielen weiteren Initiativen zur Neugestaltung des österreichischen Gesundheitssystems.
Diesem kraftvoll dahinziehenden Reformzug nunmehr die Lokomotive, also die eigenständige Struktur, wegnehmen zu wollen, kann nur zu einer Verlangsamung, wenn nicht gar zu einem Entgleisen des Reformzuges führen. Der begonnene gemeinsame und in der Geschichte Österreichs einmalige Schulterschluss der verantwortlichen Entscheidungsträger sollte unter der koordinierenden Führung eines eigenständigen Gesundheitsministeriums fortgeführt werden. (Gerald Bachinger, DER STANDARD, 11.9.2013)