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Thomas Bach, neunter Präsident der Olympier.

Foto: APA/EPA/Rumpenhorst

Buenos Aires - Selten wurden zwei Worte von Jacques Rogge mit derartiger Spannung erwartet. "Thomas" war das erste Wort, "Bach" war das zweite. Gesprochen hat sie Rogge am Dienstag in Buenos Aires, als es darum ging, seinen Nachfolger zu verkünden. Diese Rolle also fällt Thomas Bach zu, dem 59-jährigen deutschen Juristen, der seit 2000 schon Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees war.

Bach, der sich gegen fünf Konkurrenten durchsetzte, ist zunächst für acht Jahre gewählt, der ersten Amtsperiode könnte eine zweite, allerdings nur vierjährige, folgen. Bach bedankte sich für "das überwältigende Vertrauen" und dankte auch seinen Mitbewerbern, er will ein "Präsident für alle sein" und "mit allen in Dialog treten".

Zumindest keine Geldprobleme

In einem Punkt kann Bach ganz beruhigt sein: Die Kasse ist prall gefüllt. In den vergangenen elf Jahren haben sich die Rücklagen des IOC auf 901 Millionen Dollar (684 Millionen Euro) verneunfacht. Sogar einen Ausfall Olympischer Spiele, Ursprung aller Reichtümer, könnte man verkraften, sagte der scheidende Präsident Jacques Rogge.

Doch diese Gefahr ist abstrakt. Der neue IOC-Boss steht vor anderen, greifbareren Herausforderungen: Sotschi 2014, neue Konkurrenz, das Programm, Bewerber-Knappheit, Doping und sonstiger Betrug sind nur einige davon.

Sotschi als Risiko

Rogges größtes Fiasko waren die Sommerspiele in Peking 2008, als der Belgier Internetzensur und Missbrauch durch die chinesischen Gastgeber hinnehmen musste. Und was Peking für Rogge war, könnte Sotschi für Bach werden. Mögliche Proteste gegen das umstrittene Anti-Homosexuellen-Gesetz und damit verbundene Auswirkungen auf die Geberlaune der Sponsoren machten die IOC-Mitglieder schon in Buenos Aires als Risiko aus. "Das könnte viel kaputt machen", sagte der aus seinem Amt scheidende IOC-Marketingchef Gerhard Heiberg. Die russischen Organisatoren versichern seit Tagen, Wladimir Putins "Gesetz gegen homosexuelle Propaganda" würde die Spiele "nicht beeinflussen". Eine gewagte Prognose.

Olympische Sorgen

Das Dopingproblem ist allgegenwärtig, auch wenn das IOC gerne auf Fortschritte verweist. Eine Studie der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada), derzufolge 29 Prozent der Teilnehmer an der Leichtathletik-WM 2011 in einer anonymen Umfrage zugegeben haben, im Vorfeld gedopt zu haben, ist noch immer nicht offiziell bestätigt. Die New York Times hatte davon berichtet. Die Zahlen decken sich mit dem, was Experten seit Jahren annehmen.

Ebenfalls Sorgen bereiten dem IOC Wettskandale und Manipulationsversuche, die es zwar nicht so heftig wie den Fußball treffen, aber dennoch eine ernsthafte finanzielle Bedrohung darstellen. "Es muss weiter sorgfältig geprüft werden, ob und wenn ja welche staatlichen und gesetzgeberischen Maßnahmen im Kampf gegen Wettbetrug und Korruption benötigt werden", sagte Bach.

Konkurrenzveranstaltung

Zudem war dem IOC zuletzt ein vorlauter Funktionär ein Dorn im Auge, der noch viel Ärger machen könnte. Der Österreicher Marius Vizer, neuer Boss der Vereinigung der internationalen Sportverbände (SportAccord), kündigte für 2017 Weltmeisterschaften mit allen 91 olympischen und nichtolympischen Sportarten an, die im Ringe-Rhythmus von vier Jahren stattfinden sollen. Bach: "Das IOC wird nicht zulassen, dass das Image der Spiele beeinträchtigt wird." Doch während Vizer sich aus 91 Sportarten nach Gusto ein medienwirksames Spektakel basteln könnte, ist das olympische Programm seit der Session in Buenos Aires bis 2020 festgezurrt. Neu ab 2016 sind zwei Sportarten, die die (nicht sporttreibende) Jugend der Welt wohl nicht gerade im Handumdrehen hinter der Playstation hervorlocken werden: Golf und 7er-Rugby.

Und wer soll in Zukunft Spiele ausrichten? Immer mehr Widerstand regt sich vor Ort. Die Massenproteste in Brasilien während des Confed-Cups im Mai richteten sich nicht nur gegen die WM 2014, sondern auch gegen Olympia 2016 in Rio de Janeiro und horrende Kosten. Zumindest für die Winterspiele 2022 gilt dies nicht. Die Bevölkerung von Oslo hat Ja zu einer Bewerbung gesagt. Auch Almaty/Kasachstan tritt an, und München ist interessiert. (sid/red, DER STANDARD, 11.9.2013)